Gletscher verlieren jährlich einen Meter

Die Eisdicke der Gletscher in Österreich geht jährlich im Schnitt um einen Meter zurück, wie Innsbrucker Forscher mit einer neuen Messmethode ermittelt haben. Die Gletscher verloren von 2006 bis 2016 ein Fünftel an Masse.

„Bisher wurde die Eismasse in erster Linie anhand der Gletscherfläche abgeschätzt“, erklärt Gebirgsforscher Kay Helfricht vom Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Innsbruck in einer Aussendung zu der im Fachblatt „Frontiers“ veröffentlichten Studie.

Der nahezu vollkommen ausgeaperte Hallstätter Gletscher, der größte Gletscher des Dachsteinmassivs

IGF/ÖAW/BLUE SKY Wetteranalysen

Der nahezu vollkommen ausgeaperte Hallstätter Gletscher, der größte Gletscher des Dachsteinmassivs.

Um aber herausfinden, wie dick die Eisschicht an unterschiedlichen Stellen eines Gletschers ist, griffen die Forscher auf die sogenannten österreichischen Gletscherinventare zurück. Darin finden sich u.a. Daten über die Umrisse der Gletscher, Höhenmodelle auf Grundlage von Luftbildern sowie Laserscans. Diese kombinierten sie mit punktuellen Messdaten der Eisdicke von 58 heimischen Gletschern. So konnten sie die Dicke unter den jeweiligen topographischen Bedingungen für alle Gletscher Österreichs möglichst realistisch ermitteln.

Regionale Unterschiede

Das gelang ihnen nicht nur für die derzeitige Verteilung der Eismassen, sondern auch für die zeitliche Entwicklung. „2006 betrug das gesamte Volumen der Gletscher Österreichs knapp 15,9 Kubikkilometer“, erklärt Helfricht. Dieses Volumen wäre ausreichend, um ganz Österreich mit 16 Zentimeter Wasser zu bedecken. Bis 2016 haben die Gletscher Österreichs dann ein Fünftel ihrer Eismasse verloren. Der durchschnittliche Verlust der Eisdicke betrug damit rund einen Meter pro Jahr.

Mit Hilfe der neuen Methode lässt sich auch zeigen, wie groß die regionalen Unterschiede des Gletscherschwunds sind: Gerade an Gletschern mit einer Eisfläche von weniger als einem Quadratkilometer, etwa dem Stubacher Sonnblickkees oder dem Brandner Gletscher, komme es, je nach topographischen Bedingungen, zu einem vergleichsweise starken Rückgang der noch vorhandenen Eismasse. Dies eröffne neue Möglichkeiten für präzisere Abschätzungen regionaler und lokaler Auswirkungen des Klimawandels.

Die Ergebnisse ermöglichen den Forscher zudem neue Aussagen über den wahrscheinlichen weiteren Ablauf des Gletscherschwundes in Österreich: „In den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten wird viel Eisdicke verloren gehen und weniger die Gletscherfläche, da vor allem die großen Gletscher noch über relativ dicke Eiszungen verfügen“, sagt Helfricht. Danach aber werde, so sich die Rahmenbedingungen nicht ändern, der Verlust an Fläche umso schneller erfolgen.

science.ORF.at/APA

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