Warum der Mars Wasser verliert

Forscher haben auf dem Mars einen neuen Wasserkreislauf entdeckt, der dazu beiträgt, dass der Planet nach wie vor Wasser verliert. Simulationen zeigen, wie Wasserdampf Barrieren kalter Luft überwindet und so höhere Luftschichten erreicht.

Vor Milliarden von Jahren gab es auf dem Mars Flüsse und sogar einen großen Ozean. Doch heute existieren im Marsboden nur noch geringe Mengen gefrorenen Wassers. Laut dem Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) dürfte der Mars mindestens 80 Prozent seiner ursprünglichen Wasservorräte verloren haben. In der oberen Marsatmosphäre spaltete ultraviolette Strahlung der Sonne Wassermoleküle in Wasserstoff und Hydroxilradikale auf. Der Wasserstoff entwich von dort unwiederbringlich ins All.

Allerdings zeigen Messungen, dass noch immer Wasser auf diesem Wege verloren geht. Unklar war dabei, wie der Wasserdampf in die oberen Luftschichten gelangt - denn eigentlich müsste die kalte mittlere Atmosphärenschicht des Mars das Gas aufhalten, indem es gefriert. An diesem Punkt setzen die aktuellen Simulationen der russischen und deutschen Forscher ein: Sie fanden einen bisher unbekannten Mechanismus, der an eine Art Pumpe erinnert. Die Rechnungen zeigen, dass die normalerweise eiskalte mittlere Marsatmosphäre zweimal am Tag durchlässig wird für Wasserdampf.

Fenster öffnet sich

Das trifft allerdings nur für einen bestimmten Ort und eine bestimmte Jahreszeit zu. Das Fenster für den Wasserdampf öffnet sich etwa alle zwei Erdenjahre, wenn auf der Südhalbkugel des Mars Sommer herrscht. Nur dort und nur zu dieser Jahreszeit kann den neuen Erkenntnissen zufolge Wasserdampf effizient aus der unteren Atmosphäre in die obere aufsteigen.

„Wenn auf der Südhalbkugel Sommer herrscht, kann dort lokal Wasserdampf zu bestimmten Tageszeiten mit wärmeren Luftmassen aufsteigen und die obere Atmosphäre erreichen“, erläutert Paul Hartogh vom MPS. Dort tragen Winde das seltene Gas bis zum Nordpol. Während ein Teil des Wasserdampfs zerfällt und ins All entweicht, sinkt der Rest in Polnähe zurück nach unten.

So könnte der Mars vor Milliarden von Jahren ausgesehen haben: Einen Teil seiner Oberfläche dürfte ein Ozean bedeckt haben

NASA/GSFC

So könnte der Mars vor Milliarden von Jahren ausgesehen haben: Einen Teil seiner Oberfläche dürfte ein Ozean bedeckt haben.

Dieser ungewöhnliche Wasserkreislauf kann durch ein weiteres Marsphänomen verstärkt werden - nämlich die gewaltigen Staubstürme auf dem Roten Planeten. „Die Staubmengen, die während eines solchen Sturms durch die Atmosphäre wirbeln, erleichtern den Transport von Wasserdampf in hohe Luftschichten“, erklärt Alexander Medvedev vom MPS.

„Unser Modell bildet in bisher unerreichter Genauigkeit ab, wie der Staub in der Atmosphäre die mikrophysikalischen Prozesse, die bei der Umwandlung von Eis in Wasserdampf eine Rolle spielen, beeinflusst“, so Dmitry Shaposhnikov vom Moskauer Institut für Physik und Technologie, der Erstautor der neuen Studie.

„Die Marsatmosphäre ist offenbar durchlässiger für Wasserdampf als die der Erde“, erklärt Hartogh. „Der neue gefundene saisonale Wasserkreislauf trägt massiv dazu bei, dass der Planet weiterhin Wasser verliert.“

science.ORF.at/APA/AFP

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