„Urkilo“ und Co weichen neuen Standards

Das Urkilogramm - ein Metallstück, das streng gesichert in Paris steht - hat es kommenden Montag, 20. Mai, endgültig hinter sich: Es wird von einer neuen Bezugsgröße abgelöst. Auch in Österreich wird der Wechsel am Weltmetrologietag vollzogen.

Das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) lädt zum „Tag der offenen Tür“, bei dem auch das neue heimische Kilo-Maß - eine Siliciumkugel - gezeigt wird.

In der Metrologie, der Wissenschaft vom präzisen Messen, wurden am 16. November 2018 die Weichen neu gestellt: Bei der Generalkonferenz für Maß und Gewicht in Paris wurde beschlossen, das Internationale Einheitensystem (SI) zu reformieren. In Kraft tritt die Neuordnung am 20. Mai.

Das alte österreichische Urkilo und die neue Grundlage der Einheit: eine Siliciumkugel

APA/BEV/THOMAS HACKL

Das alte österreichische Urkilo und die neue Grundlage der Einheit: eine Siliciumkugel

Der Gedanke dahinter war es, alle sieben SI-Einheiten, also neben dem Kilogramm auch die Basiseinheiten Sekunde, Meter, Ampere (Stromstärke), Kelvin (Temperatur), Mol (Stoffmenge) und Candela (Lichtstärke) mittels Naturkonstanten zu definieren. Das gilt im Bereich der Zeitmessung schon seit 1967, als die gemeinhin als „Atomsekunde“ bezeichnete neue Einheit eingeführt wurde. Sie bezieht sich auf die Energiestruktur eines Cäsiumatoms. Auch der „Ur-Meter“, eine Art Metallstab, wurde durch eine Definition ersetzt, die auf der Lichtgeschwindigkeit beruht.

Gewichtsverlust

Nun bekommen auch Ampere, Kelvin, Mol und Candela neue Bezugsgrößen. Im Fall des Kilogramms wurde die nunmehrige Orientierung am Planckschen Wirkungsquantum notwendig, da sich das Urkilogramm und seine Kopien, wie der österreichische Kilogramm-Prototyp aus Platin-Iridium des BEV, zum Teil in ihrer Masse im Millionstel Gramm-Bereich unterscheiden. Das seit Ende des 19. Jahrhunderts in einem Tresor in der Nähe von Paris verwahrte Urkilo hatte in den vergangenen Jahrzehnten auch an Masse verloren. Für den Hausgebrauch fällt das im Wortsinn zwar nicht ins Gewicht, für wissenschaftliche Anwendungen und in der Hochtechnologie sind solch minimale Abweichungen aber mitunter bedeutsam.

Nach der neuen Definition kann das Kilogramm entweder mit einer sogenannten Watt- oder Kibble-Waage oder über eine Siliciumkugel realisiert werden, wie das BEV und das für die Umsetzung des neuen Einheitensystem verantwortliche Wirtschaftsministerium in einer Aussendung mitteilten. Im Rahmen des „Tages der offenen Tür“ werde etwa die Funktion einer Kibble-Waage am Beispiel eines Lego-Modells demonstriert.

Regelmäßige Überprüfung

Am BEV in Wien-Ottakring können Besucher einerseits den ab Montag quasi seines Amtes enthobenen bisherigen nationalen Kilogramm-Prototyp, aber auch seinen Silicium-Nachfolger besichtigen. In den geöffneten Labors zeigt man neben einer Atomuhr u.a. Belastungstests von Seilen für Seilbahnen oder Festigkeitsuntersuchungen von Beton.

Außerdem wird dargestellt, wie ein Meter in einem sogenannten „optischen Femtosekunden-Kammgenerator“ gemessen wird. Seit 1983 wird er als jene Streckenlänge definiert, die Licht im leeren Raum während einer Dauer von ungefähr einer dreimillionstel Sekunde durchläuft. Das Wiener Bundesamt war im Jahr 2001 einer der Vorreiter im Betrieb eines solchen Kammgenerators.

Damit dieses Maß auch nicht nur ein winziges Stück abweicht, überprüfen das BEV und vier weitere nationale Stellen (in Finnland, Japan, Großbritannien und Kanada) in einer international konzertierten Zusammenarbeit das Längenmaß immer wieder. Seit dem Jahr 2007 erfolgen Koordination, Auswertung und Veröffentlichung der Vergleichsmessungen von Wien aus.

science.ORF.at/APA

Mehr zum Thema