Frauen können bei Wärme besser denken

Frauen frieren schneller. Das ist nicht nur unangenehm, es beeinträchtigt auch die geistige Leistung, wie eine Studie zeigt: Am produktivsten ist das Frauenhirn bei über 30 Grad Celsius, Männer bevorzugen deutlich niedrigere Temperaturen.

Es ist kein Klischee, Frauen frieren tatsächlich schneller. Meist haben sie weniger Muskeln, um Körperwärme zu produzieren. Der höhere Körperfettanteil isoliert zwar, macht aber die Muskelmasse nicht wett, vor allem nicht bei dünnen Frauen. Außerdem ist die männliche Haut dicker und die Durchblutung konzentriert sich – wenn es kalt wird - beim weiblichen Geschlecht auf die Körpermitte.

Deswegen bevorzugen Frauen in der Regel höhere Raumtemperaturen, was in Partnerschaften wie unter Kollegen mitunter zu Diskussionen führen kann. Eine Studie liefert nun neue Argumente, für die Frauen. Tom Y. Chang von der University of South California und Agne Kajackaite vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung haben dabei untersucht, inwiefern sich die Temperaturen auf die geistige Leistungsfähigkeit der Geschlechter auswirkt. Über 500 Studentinnen und Studenten nahmen an den Experimenten teil.

Mit jedem Grad besser

Drei verschiedene Teilaufgaben waren zu absolvieren: Bei der ersten ging es um Kopfrechnen, in fünf Minuten mussten die Probandinnen und Probanden möglichst viele zweistellige Zahlen addieren, maximal 50 Rechnungen. Bei der zweiten mussten man aus zehn Buchstaben wiederum in fünf Minuten möglichst viele Wörter bilden. Beim dritten Test geht es um kognitive Reflexion: Dabei werden Fragen gestellt, die die meisten Menschen falsch beantworten, z.B. „Ein Schläger und ein Ball kosten 1,10 Euro. Der Schläger kostet einen Euro mehr als der Ball. Wie viel kostet der Ball?“ Zehn Cent ist jedenfalls die falsche Antwort.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 23.5. um 13:55

Während der Tests variierte die Raumtemperatur, von knapp über 16 bis zu fast 33 Grad Celsius. Das hatte tatsächlich einen Einfluss auf die Leistungen der Geschlechter, zumindest beim Rechen- und beim Wörtertest. Unter 20 Grad waren die männlichen Teilnehmer am Leistungshöhepunkt. Die weiblichen Testpersonen schnitten mit jedem Grad messbar besser ab. In Topform waren sie zwischen 30 und 33 Grad. Die Leistungen der Männer wurden hingegen mit den steigenden Temperaturen schwächer, wenn auch nicht ganz so deutlich.

Die Ergebnisse im Reflexionstest – bei dem es weniger um Tempo als um Überlegen geht - waren bei beiden Geschlechtern von der Temperatur unabhängig.

Argument für Frauen

Mitentscheidend für die Leistungssteigerung dürfte laut den Studienautoren der Einsatz der Probandinnen und Probanden sein – mit anderen Worten: Wenn man sich wohlfühlt, strengt man sich auch mehr an. Bei wärmeren Temperaturen schafften die Frauen nämlich generell mehr Antworten, aber auch mehr richtige Antworten; Männer hingegen insgesamt weniger und auch weniger richtige – wobei die weibliche Steigerung viel deutlicher ausfiel als der männliche Leistungsabfall.

Die Ergebnisse zeigen jedenfalls: Beim Kampf um das Thermostat geht es nicht nur ums Wohlfühlen, sondern auch um Leistung und Produktivität, vor allem auf der weiblichen Seite sind die Effekte deutlich, betonen die Forscher. So gesehen sollte in vielen Büros, wo Männer und Frauen zusammenarbeiten, mehr eingeheizt werden, als es derzeit der Fall ist.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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