Eisen verschaffte den Kelten Macht
Bei Schwarzenbach in Niederösterreich lag vor mehr als zweitausend Jahren eine massiv befestigte keltische Siedlung. Sie war der Sitz mächtiger keltischer Fürsten und über viele Jahrzehnte ein Zentrum von Macht und Reichtum, vor allem im Zeitraum von 250 bis 15 vor Christus.
Handel treiben und Pferde stehlen
Archäologischen Funde und Arbeiten zeigen: Die Siedlung überblickt als einzige das gesamte Abbaugebiet des begehrten Eisens. Bei Ausgrabungen wurden dort geprägte Silbermünzen gefunden, die klar darauf hinweisen, dass die Siedlung das seltene Recht hatte, eigene Münzen zu prägen. Dazu kommt ein Handwerkerviertel, in dem auch kunstvoller Schmuck mit speziellem, dafür benötigtem Werkzeug hergestellt wurde, der später die Fürsten und Eliten schmücken sollte.

APA/LBI ARCHPRO/S. LOCHAU
Eine Keltensiedlung (Rekonstruktion) im Raum Schwarzenbach-Burgberg in Niederösterreich.
Der Einfluss der Kelten aus Schwarzenbach scheint sogar so groß gewesen zu sein, dass sie auch Pferde aus römischer Zucht erwerben oder zumindest irgendwie bekommen konnten. Wegen ihrer militärischen Bedeutung war der Verkauf der Pferde reguliert, wie heute zum Beispiel der Waffenhandel. Diese speziellen, kräftigen und widerstandsfähigen Züchtungen durften nur an römische Bürger verkauft werden.
Hinweis
Am Donnerstag, den 30. Mai, wird im Freilichtmuseum Schwarzenbach die neue Ausstellung mit interaktiver Technik zur Besiedlungsgeschichte des Burgbergs – deren Anfang sogar noch weit vor die keltische Zeit zurück reicht - in einem der neu errichteten keltischen Wohnhäuser eröffnet.
- Virtuelles 3-D-Modell eines keltischen Hauses
Archäologe Wolfgang Neubauer vom Ludwig Boltzmann Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie geht außerdem davon aus, dass die Siedlung bei Schwarzenbach, deren keltischer Name unbekannt ist, mit Plan errichtet wurde. Darauf schließen lässt zum Beispiel der gut elf Meter hohe Verteidigungswall. Diese Wallbefestigung sei in einer Technik gebaut, die man eher aus den Ursprungsgebieten der Kelten im westlichen Europa kennt – vermutlich also hat es auch keltische Fürsten von weiter weg in die Gegend gezogen, meint Neubauer: „Wir können uns nur vorstellen, dass das mit den Eisenerzvorkommen zu tun hat.“
Wohlstand lockt, Wald schwindet
Der versprochene Wohlstand lockt viele nach Schwarzenbach - die Siedlung wächst auf rund 2.500 Bewohner an. Viele arbeiteten wohl im Eisenabbau oder der Weiterverarbeitung des speziellen, gerühmten Rohstoffs, dessen Zusammensetzung eher Eigenschaften von Stahl erwarten lässt.

APA/LBI ARCHPRO/S. LOCHAU
Rekonstruktionen keltischer Häuser im Freilichtmuseum Schwarzenbach in Niederösterreich
Geschätzte 35.000 bis 60.000 Tonnen Eisenerz wurden gefördert, aus dem dann weiter reines Eisen gewonnen wurde. Die Produktion des Eisens ging mit einem enormen Verbrauch an Holzkohle einher: In 150 Jahren haben die Kelten hier 2.200 bis 4.000 Hektar Wald abgeholzt. Zurück blieb ein kahlgeschlägertes und mit sogenannten Pingen durchsetztes Gebiet, also mit Löchern und Gruben, die vom Abbau von Eisenerz stammen. Römischen Historiker bezeichneten das Gebiet später als „deserta boiorum“ bezeichnet, also in etwa „das durch die Boier verwüstete Land“.
Wie genau die Siedlung aufgegeben wurde, weiß man nicht, es scheint aber zwei Mal große Angriffe auf die Befestigung gegeben zu haben, der zweite dürfte schließlich zum Ende der großen Eisenfürsten beigetragen haben.
Noricum zum Leben erweckt
Die illustre keltische Geschichte von Schwarzenbach soll aber nun in einer neuen Ausstellung im Freilichtmuseum wiederaufleben. In jahrelanger Arbeit haben Archäologen das Leben der Schwarzenbacher Kelten rekonstruiert und das Wissen jetzt aufgearbeitet. Auch in zwei neuen nachgebauten keltischen Wohnhäusern, die jetzt im Freilichtmuseum dazukommen.
Die heutigen Bewohner Schwarzenbachs fühlen ebenfalls mit, jährlich gibt es ein Keltenfest und auch die Arbeit der Archäologen bleibt nie unbemerkt, freut sich Wolfgang Neubauer: “Es gibt jetzt eine eigene Identität. Schwarzenbach sieht sich als das Dorf der Kelten. Und es ist eine große Freude für uns als Archäologen, dass wir etwas Bleibendes errichten.“
Isabella Ferenci, Ö1-Wissenschaft