Mehr Verkehr durch selbstfahrende Autos

Entgegen bisherigen Prognosen könnten selbstfahrende Privatautos zu noch mehr Verkehr führen. Zu diesem Schluss kommt eine Schweizer Studie, die das Aufkommen autonomer Fahrzeuge in der Stadt Zürich simuliert hat.

Bisher wurde angenommen, dass teilweise automatisierte Verkehrsangebote, etwa selbstfahrende Taxiflotten, den Fahrzeugbestand in Städten um bis zu 90 Prozent verringern könnten. Dieser Prognose widerspricht jetzt die Studie des ETH-Institutes für Verkehrsplanung und Transportsysteme. „Der Besitz von Privatfahrzeugen wird sich nur dann reduzieren, wenn selbstfahrende Fahrzeuge privat nicht erworben werden können“, so Studienleiter Kay Axhausen in einer Aussendung der ETH Zürich.

Ein Schild "Autonomes Shuttle" weist im Oktober 2017 auf dem Flughafen in Frankfurt am Main auf eineTestbetrieb hin

APA/dpa/Andreas Arnold

Sein Team hat simuliert, wie sich das Verkehrsaufkommen in Zürich durch die Einführung von automatisierten Taxis und die flächendeckende Verbreitung selbstfahrender Privatfahrzeuge innerhalb von 20 Jahren verändern könnte. Das Fazit der Zürcher Forscher: Solange der Privatbesitz von selbstfahrenden Autos erlaubt ist, wird die Anzahl von Privatfahrzeugen auch mit dem Aufkommen automatisierter Taxi-Flotten nicht zurückgehen. Ein automatisierter Verkehr könnte sogar zu mehr gefahrenen Kilometern führen.

Attraktivität steigt

„Die Kombination von hoher Flexibilität und der Möglichkeit, die Zeit im Fahrzeug sinnvoll zu nutzen, macht diese Mobilitätsform sehr attraktiv“, heißt es zum Privatbesitz von selbstfahrenden Autos. Die Attraktivität steige nochmals, wenn alle Familienmitglieder das Fahrzeug eigenständig nutzen könnten - etwa auch Kinder. Das fahrerlose Privatfahrzeug erscheint in der Simulation als dermaßen attraktiv, dass eine Mehrbelastung der Straßen wahrscheinlich wird. Selbst Nutzer der öffentlichen Verkehrsmittel könnten zum Umstieg auf den automatisierten Individualverkehr animiert werden, sagen die Mobilitätsforscher.

Die Autoren der Studie legen den Behörden deshalb nahe, die Einführung selbstfahrender Autos „regulatorisch zu begleiten“. Einen Rückgang des motorisierten Individualverkehrs errechneten sie nur für den Fall, dass automatisierte Fahrzeuge zwar im öffentlichen Verkehr und in Taxiflotten eingesetzt würden, nicht aber als Privatautos.

Positive Effekte

Der positive Effekt könnte dann beträchtlich sein: In der Simulation ging der motorisierte Individualverkehr um ein Drittel auf noch 29 Prozent des Gesamtverkehrs zurück. Dafür stieg der Anteil des öffentlichen Verkehrs mit selbstfahrenden Bussen, Bahnen und Taxis - und zwar auf über 60 Prozent. Positiv wirkten sich auch sinkende Preise aus. Die Kosten für Busfahrten sollen mit selbstfahrenden Bussen auf die Hälfte sinken.

Die Studien aus anderen Ländern, die zu gegenteiligen Resultaten kommen, erklären die ETH-Forscher mit unrealistischen Idealbedingungen, von denen deren Simulationen ausgegangen seien. Es sei fälschlicherweise angenommen worden, dass tatsächlich jedermann bereit wäre, automatisierte Fahrdienste zu benutzen und dass Preise und Wartezeiten keine Rolle spielen würden.

Die Zürcher Studie habe hingegen eine Simulation entwickelt, die Angebot und Nachfrage berücksichtigt ebenso wie persönliche Präferenzen der Nutzer. Simuliert wurde das Verhalten von 150.000 einzelnen Verkehrsteilnehmern mit individuellen Entscheidungsmustern. Als Basis diente eine Befragung von 359 Personen im Kanton Zürich zu ihrem Mobilitätsverhalten. Sie gaben an, unter welchen Umständen sie bereit wären, auf automatisierte, geteilte Transportmittel umzusteigen.

science.ORF.at/APA/sda

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