Urlaub zwischen Meer und Müllberg

Wer lebt, produziert Müll. Im Urlaub kommt zum Alltagsmüll aber noch einiges dazu. Forscher haben nun untersucht, wie Tourismus-Hotspots besser mit touristischem Abfall umgehen und Gäste Müll vermeiden können.

Neben unzähligen Schnappschüssen und Sand im Koffer bleibt vom nächsten Sommerurlaub bestimmt eines: unser Müll, und zwar am Urlaubsort. Von den weltweiten Siedlungsabfällen gehen 14 Prozent auf das Konto von Touristinnen und Touristen. Gemeinsam mit ihrem Team hat Gudrun Obersteiner vom Institut für Abfallwirtschaft der Universität für Bodenkultur in Wien nun elf beliebte Urlaubsdestinationen in ganz Europa genau untersucht – darunter das kroatische Dubrovnik, Teneriffa, Kopenhagen und die Azoren in Portugal. Getan hat sie das im Rahmen des EU-Forschungsprojekts Urban Waste.

Wiederverwenden statt wegwerfen

Jeder einzelne Gast produziere bis zu zwei Kilogramm Müll pro Nacht - das haben Obersteiner und ihr Team mit Hilfe mehrerer statischer Analysen errechnet. Dabei handle es sich nicht nur um den ganz normalen Alltagsmüll, wie er auch zu Hause entstehen würde. Handtücher und Bettwäsche werden in Hotels deutlich häufiger gewaschen. Nicht nur die größere Menge an Energie, Wasser und Waschmittel, die dafür verwendet wird, belastet die Umwelt. Die Textilien werden auch früher kaputt und müssen ersetzt werden. Elektrogeräte wie Föhn und Fernseher werden ebenfalls regelmäßig entsorgt und durch neuere Modelle ersetzt.

Strand auf Zypern, Mistkübel im Vordergrund und Urlauber

Florian CHOBLET / AFP

Im Urlaub produziert man meist mehr Müll als zu Hause

„Auf Teneriffa war ich auf einem Müllplatz, da ist mir das selbst erst so wirklich klar geworden, denn da waren sicher 50 Minibars. Da hat also ein Hotel in Bausch und Bogen alle Minibars gewechselt“, erzählt Obersteiner. Hoteliers sollten daher überlegen, wer ihre oft noch voll funktionsfähigen Elektrogeräte brauchen könnte, und sie ihren Mitarbeitenden schenken oder an eine gemeinnützige Einrichtung spenden, so die Abfallexpertin. Vor allem Inseln kämpfen mit dem Müllproblem. Oft sind sie zu klein für eine eigene Müllverbrennungsanlage oder ein Recyclingwerk. Abfälle müssen aufwendig mit dem Schiff abtransportiert werden oder landen auf einer Mülldeponie.

Gefährlicher Biomüll

Besonders umweltschädlich sind Mülldeponien, auf denen unbehandelter Biomüll entsorgt wird. Das ist zwar EU-weit verboten, doch noch nicht in allen Ländern vollständig umgesetzt. „Was dort mit Bioabfall passiert, ist, dass der quasi unter Luftabschluss Methan produziert, und Methan ist ein sehr, sehr stark treibhauswirksames Gas, das trägt dann auch zur Klimaerwärmung bei“, sagt Obersteiner. In der Gastronomie sieht sie noch viel Potenzial, Lebensmittelabfälle zu vermeiden. „Wenn ich mit Einzelpersonen spreche, dann sagen die mir immer, dass sie keine Lebensmittel wegwerfen. Trotzdem haben wir wahnsinnig viel Lebensmittelabfälle. Das heißt, wir merken das einfach nicht – oder es sind wirklich immer die anderen, aber das glaube ich nicht.“

Strand mit Urlaubern auf Teneriffa

DESIREE MARTIN / AFP

Strand auf Teneriffa

Um genaue Daten erheben zu können, haben die Forscher Küchenchefinnen und Küchenchefs gebeten, das Essen ihrer Gäste und die anfallenden Lebensmittelabfälle zu wiegen. So sei diesen bewusst geworden, wie viel Essen und damit Geld sie wegwerfen. Die Lösungen können oft ganz einfach sein: Statt kurz vor dem Ende der Frühstückszeit noch eine große Portion Eierspeise am Buffet bereitzustellen, könnte man Langschläfern bei Bedarf eine frische Eierspeise anbieten. Das werde zudem eher als Service und nicht als Einschränkung empfunden. Kleinere Wurst- und Käseplatten, die häufiger neu gefüllt werden, vermeiden ebenfalls, dass übrig gelassene Lebensmittel weggeworfen werden müssen.

Was Sie tun können

Halbe Portionen und Doggybags: Auch die Gäste sind gefragt: „Wenn man sich gern durchkosten will mit Vorspeise, Hauptspeise, Nachspeise, dann einfach um eine halbe Portion bitten. Nicht davor genieren zu sagen, dass man sich eine Pizza mit seinem Kind teilt, weil man noch die Muscheln probieren möchte. Das muss man einfach machen, und das wird dann auch funktionieren“, empfiehlt die Wissenschaftlerin. Doggybags, also Sackerln oder Boxen, um mitzunehmen, was man nicht mehr essen kann, seien ebenfalls eine gute Lösung und immer salonfähiger. Der Biomüll, der dennoch anfalle, könne besonders in großen Hotelanlagen kompostiert und als Pflanzendünger verwendet werden.

Ö1-Sendungshinweis

Diesem Thema widmete sich auch ein Beitrag in den Ö1-Journalen, 22.6., 12.00 Uhr.

Leitungswasser statt Plastikflaschen: Um Plastikmüll zu vermeiden, rät Obersteiner dazu, auch im Urlaub Leitungswasser zu trinken – das sei europaweit meist gesundheitlich unbedenklich, nur wüssten Reisende das oft nicht. „Es gibt in vielen Städten auch im Mittelmeer-Raum öffentliche Wasserspender, zum Beispiel in Florenz. Wenn man in einer Region ist, in der das Wasser gut trinkbar ist, muss man das dem Gast kommunizieren.“ Statt Plastikflaschen könnten Hoteliers in solchen Regionen eine Karaffe mit Leitungswasser bereitstellen und die Gäste über die Trinkwasserqualität informieren.

Hotels erziehen: Ebenfalls eine große Quelle von Plastikmüll sind die vielen kleinen Fläschchen, die Shampoo oder Duschgel enthalten und oft täglich ausgetauscht werden. „Das ist vollkommen unnötig, denn es ist ja in den kleinen Flascherln nichts Besseres drin als in den großen Spendern“ sagt Obersteiner. Viele Hotels reagierten auf die Meinung der Gäste, der Trend gehe langsam in Richtung größerer Packungen. Nur in gehobeneren Hotels sind Seifenspender noch kaum zu finden. Oft gibt es in Hotels auch Schilder, die man an die Türe hängen kann, wenn das Zimmer nicht gereinigt, Badetücher und Bettwäsche nicht ausgewechselt werden sollen. Im Poolbereich, wo aus Sicherheitsgründen oft Plastikbecher statt Gläser verwendet werden, rät die Abfallexpertin zu wiederverwendbaren Kunststoffbechern. Ein Cocktail ohne Strohhalm und Schirmchen schmeckt außerdem mindestens genauso gut.

Lena Hallwirth, Ö1-Wissenschaft

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