Ist die Klimakrise schuld an Hitzewellen?

Die Hitzewelle hat ganz Europa fest im Griff. Nach einer kurzen Verschnaufpause werden schon in wenigen Tagen 38 Grad Celsius und mehr erwartet. Dass die Klimaerwärmung etwas mit der Hitze zu tun hat, liegt nahe. Im Detail ist es aber komplizierter.

Hitzewellen sind ein natürliches Wetterphänomen und haben nicht automatisch etwas mit dem Klimawandel zu tun. Sie können aber. Den vergangenen Hitzesommer schreibt man dem Klimawandel zu. Ob er auch für die derzeitige Hitze verantwortlich ist, kann man noch nicht sagen, erklärt Marc Olefs, Leiter der Klimaforschung an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, ZAMG. „Es ist prinzipiell sehr schwierig, einzelne Klimaereignisse auf den Klimawandel zurückzuführen.“

Analysen sind möglich, brauchen aber Zeit. Im Rahmen des Corpernicus-Programms arbeiten Forscher allerdings aktuell an der Verwirklichung einer Quasi-Echtzeitanalyse, so Olefs. „Auch die großen Wetterdienste machen da mit.“ Damit will man schneller beurteilen können, ob die Klimakrise aktuelle Extremwetterereignisse verursacht.

Klimawandel beeinflusst Hitzewellen

Schon jetzt steht aber fest: Der Klimawandel beeinflusst Hitzewellen. Da es im Schnitt immer wärmer wird, werden auch die Tage über 30 und 35 Grad Celsius immer häufiger. „Der Juni ist im Vergleich zum 30-jährigen Mittel um 4,5 Grad wärmer als ein durchschnittlicher Juni. Wir gehen davon aus, dass ein bis zwei Grad auf den langfristigen Effekt des Klimawandels zurückzuführen ist", so Olefs.

Das macht einen Unterschied: Wenn die Temperaturen wie soeben in Imst in Tirol auf über 37,5 Grad Celsius steigen und im kärntnerischen Hermagor sogar die 38 Grad-Marke überschreiten, ist die Belastung für die menschliche Gesundheit und die Böden wesentlich höher als bei 35 Grad Celsius, sagt der Klimaforscher.

Der Jetstream und die Hitze

„Außerdem gibt es Anzeichen dafür, dass sich der Klimawandel auch auf die Dynamik der Atmosphäre – also auf die Abfolge von Hoch- und Tiefdruckgebieten und auf die Andauer von Wetterlagen auswirkt.“ Konkret beobachten die Forscher, dass der Jetstream langsamer wird – also jenes Starkwindband, das die Wetterlagen rund um den Erdball transportiert, erklärt Olefs. Damit werden prinzipiell weniger Tiefdruckgebiete vom Atlantik nach Mitteleuropa gebracht und das aktuelle Wetter hält sich länger. Ob die Verlangsamung menschengemacht ist, sei umstritten: „In dem Bereich gibt es noch viel Forschungsbedarf und noch keinen Konsens in der Wissenschaft", so der Klimaexperte.

Abgesehen davon beeinflusst auch die Trockenheit die Hitze. Normalerweise kühlt die Feuchtigkeit im Boden die Umgebungstemperatur, wenn das Wasser aus dem Boden verdunstet. „Je trockener die Böden sind, desto mehr fehlt eben dieser kühlende Effekt und eine einmal entstandene Hitzewelle kann sich dadurch selbst verstärken oder auch verlängern.“

Es ist aber nicht zwingend, dass es ab jetzt jeden Sommer Hitzewellen gibt und neue Hitzerekorde gebrochen werden. „Das Wetter ist chaotisch und es gibt auch in einem langfristig immer wärmer werdenden Klima kühle und nasse Jahre, das ist die ganz normale natürliche Schwankung.“

Hitzewellen immer häufiger

Es ist aber wahrscheinlich, dass Hitzewellen immer häufiger und heißer werden. Das hängt nicht zuletzt davon ab, wie viel CO2 in den nächsten Jahrzehnten noch ausgestoßen wird. „Wenn wir keinerlei Klimaschutzmaßnahmen umsetzen, dann werden wir bereits zwischen 2030 und 2040 dieses 1,5 bis zwei Grad-Ziel, das beim Paris-Abkommen vereinbart wurde, überschreiten und erwarten bis zum Ende des Jahrhunderts einen Temperaturanstieg von ca. vier Grad.“

Das würde bedeuten, dass ein Hitzesommer wie 2018 das neue „normal“ wird. „Es wird dann deutlich wärmere und extremere Sommer geben, die man sich jetzt noch gar nicht vorstellen kann“, sagt der Klimaforscher, Marc Olefs. Fakt ist, wir stehen erst am Anfang der Klimaerwärmung.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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