Die Elemente des Todes

Arsen, Thallium, Polonium - viele Elemente sind tödlich. Nicht alle aber eignen sich als Mordwaffe: Die Wirksamkeit ist in vielen Fällen nicht nur von der Dosis abhängig, wie ein Chemiker erklärt.

In Friedrich Schillers Trauerspiel „Kabale und Liebe“ vergiftet der Jung-Major Ferdinand von Walter erst seine Geliebte und dann sich selbst mit Arsen. Binnen weniger Minuten sterben die beiden Figuren. Das ist zwar Fiktion, Arsen wurde aber auch in der realen Welt spätestens seit der Spätantike gerne als Mordgift verwendet. Schlichtweg weil man es lange nicht nachweisen konnte. Gemordet wurde dabei aber nie mit Arsen in seiner puren, elementaren Form, wie der Chemiker Hubert Huppertz von der Universität Innsbruck erklärt. „Arsen, so wie das Element im Periodensystem steht, können Sie beinah problemlos zu sich nehmen. Da passiert nichts.“

Element Arsen ist nicht giftig

Extrem krebserregend und tödlich ist allerdings die Verbindung von Arsen und Sauerstoff. Hier spricht man vom sogenannten Arsenik. „Der Grund dafür ist, dass diese Phasen dann wasserlöslich sind und vor allem die Oxidationsstufe plus drei katastrophale Reaktionen eingehen kann.“ Das weiße, süßliche Pulver verursacht Durchfälle, Erbrechen, Bauch- und Kopfschmerzen. Nach wenigen Tagen tritt der Tod ein.

Historische Giftflaschen

JUSTIN TALLIS / AFP

Auch Quecksilber ist in seiner elementaren Form nicht automatisch tödlich, erklärt Huppertz. „Quecksilber ist so ein Mittelding. Wenn man es flüssig zu sich nimmt, kommt es normalerweise über den Verdauungsweg wieder heraus.“ Aus diesem Grund hat man das Element mit der Ordnungszahl 80 im Mittelalter auch als Abführmittel benutzt. „Man hat die Patienten gebeten, Quecksilber zu trinken und dann möglichst oft auf- und abzuspringen, damit das schwere Metall den Darmverschluss löst.“

Ist die Raumtemperatur allerdings leicht erhöht, bilden sich hochgiftige Dämpfe, die über die Lunge in den Körper gelangen und tödlich sein können. „So oder so sollte man heute aber nie Quecksilber zu sich nehmen."

150 Jahre Periodensystem

Datiert mit 17. Oktober 1869 hat Viktor von Richter in den Berichten der Deutschen Chemischen Gesellschaft 2 (1869) 552 seinen „Bericht aus St. Peterburg vom 17. Oktober 1869“ abdrucken lassen. Darin berichtet er von einer Sitzung der Russischen Chemischen Gesellschaft vom 2. Oktober (14. Oktober nach unserer Rechnung) 1869, in der der russische Chemiker Dmitri Mendelejew seine Ansichten „Ueber die Beziehungen der Eigenschaften zu den Atomgewichten der Elemente“ vorgetragen hat.

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Selen: zwischen Notwendigkeit und Gift

Auf die nächsten Elemente trifft vor allem der Spruch zu: Die Dosis macht das Gift. Das gilt allen voran für Selen. Das in seiner elementaren Form grau glänzende Halbmetall regelt mitunter den Schilddrüsenstoffwechsel und ist auch wichtiger Baustein von Spermien. Zu viel davon ist aber tödlich. „Wenn ich über einen längeren Zeitraum mehr davon aufnehme, wirkt es tatsächlich tödlich. Wir bekommen Selenvergiftungserscheinungen wie Entzündung der Atmungs- und Verdauungsorgane sowie der Schleim- und Außenhäute.“

Auch das geruchs- und geschmacklose Element Thallium wird dem Menschen erst ab einer gewissen Menge zum Verhängnis. „Für einen Erwachsenen braucht man etwa 800 Milligramm, um eine tödliche Dosis zu erreichen. Das ist vergleichsweise viel.“

Thallium erwies sich früher als effektives Mittel gegen Ratten und Ameisen. Da es zu gefährlich für den Menschen ist, wurde das Gift verboten. Der Thallium-Tod kommt wie bei Selen und Arsen in Phasen, wobei es bei Thallium Wochen dauern kann, bis der menschliche Organismus aufgibt. Erst reagiert der Körper mit Durchfällen, dann Haarausfall, bis hin zu Herzrhythmusstörungen und Nervenerkrankungen.

Die Dosis macht das Gift

Zu den tödlichen Giften, die bei der richtigen Dosierung harmlos sind, zählt zuletzt auch Chlor. Einerseits handelt es sich um ein giftiges Kampfgas, das im Ersten Weltkrieg als chemische Waffe eingesetzt wurde. Andererseits kennt Chlor jeder aus dem Schwimmbad, wo es zur Desinfektion eingesetzt wird. Hier tötet es allerdings nur Bakterien. „Man kann über die Breite der chemischen Verbindungen und Elemente sagen, dass die Konzentration in vielen Fällen entscheidet, ob eine Substanz tödlich wirkt oder nicht“, so Huppertz.

Fläschchen mit einer Polonium 210 - Chlorid Lösung

dpa/A2514 Frank Mächler

In jedem Fall tödlich sind hingegen Radioaktive Elemente, wie beispielsweise Polonium. So starb etwa der ehemalige russische bzw. britische Geheimdienstler Alexander Litwinenko an einer Polonium-210-Vergiftung. Man vermutet, es wurde ihm in den Tee gemischt. Einmal im Körper greift das Isotop die Zellen an und zerstört sie. Allerdings: „Es ist unglaublich schwierig an Polonium heranzukommen, weil es natürlich auch konstant zerfällt und es dadurch seine Wirkung verliert und es ist ausgesprochen kompliziert, das Element zu verabreichen. Da braucht man schon einen sehr guten Geheimdienst, der das tatsächlich bewerkstelligen kann.“ Bis heute ist der Fall nicht geklärt.

Phosphor: schlummernde Gefahr

Zu den tödlichen wenngleich für Morde eher ungeeigneten Elementen zählt Phosphor. Kommt das Element, das optisch einem Bernstein ähnelt, mit Sauerstoff in Verbindung, reagiert es und fängt sofort an zu brennen. „Deshalb kann man Phosphor auch nicht zu sich nehmen, weil es vorher verbrennen würde.“ Mit dem Element wurden allerdings Brandbomben gebaut, die ganze Areale plötzlich in Flammen gesetzt haben. „Phosphor ist deswegen sehr gefährlich. Noch heute liegen solche Bomben in der Ostsee, die langsam korrodieren und Phosphor freisetzen.“ Zwar ist das Element harmlos, solange es eine schützende Wasserschicht umgibt. „Er wird allerdings mitunter an den Strand angespült und es passiert manchmal, dass Kinder Phosphor aufheben und sich fürchterliche Brandverletzungen zuziehen, wenn das bernsteinähnliche Element trocknet.“

Tödlich, wenngleich für einen Mord ungeeignet ist auch Antimon. „Antimon ruft in der Regel einen starken Brechreiz hervor. Nimmt man es ein, wird es relativ rasch wieder ausgeschieden, weil man es praktisch nicht aushält, man muss sich sofort übergeben.“

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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