Der Mond gehört niemandem

Zwar kann man seit fast 40 Jahren Flächen auf dem Mond kaufen, rechtliche Grundlage hat das aber keine. Laut den UNO-Weltraumverträgen gehören Himmelskörper wie der Mond niemandem – die Details sind umstritten.

Die Völkerrechtlerin Irmgard Marboe vom Institut für Europarecht an der Universität Wien spricht zum 50. Jahrestag der Mondlandung von „Apollo 11“ über die Go‘s und No-Go‘s im Weltraumrecht.

Warum sind Fragen wie „Wem gehört der Mond?“ überhaupt so wichtig?

Irmgard Marboe: Diese ideologische Frage prägte die Zeit des Kalten Krieges. Die westlichen Industrieländer vertraten den Standpunkt: Privateigentum ist Teil der Freiheit. Die kommunistischen Staaten beriefen sich generell auf das gemeinschaftliche Eigentum – und somit auch beim Mond. Letztlich siegte der westliche Gedanke, und der lässt den Schluss zu, dass die Menschen bestrebt sind, Eigentum zu haben und dies als Teil ihrer Freiheit zu sehen.

Es gibt einen gewissen Dennis Hope, der in den 80er Jahren begann, Grundstücke auf dem Mond zu verkaufen. Wie sehen Sie das als Völkerrechtlerin?

Marboe: Dennis Hope hat mit der „Lunar Embassy“ die ersten Schritte gesetzt und das damit begründet, dass das Verbot der Aneignung des Mondes nur die Staaten betrifft und nicht den Einzelnen. Allerdings übersieht er da Folgendes: Um ein Eigentumsrecht zu begründen, muss eine Rechtsordnung vorhanden sein. Und welches Recht ist auf dem Mond anwendbar? Alle Staaten waren sich einig: Kein Staat darf Jurisdiktion ausüben. Dennis Hope geht von der Fiktion aus, dass das kalifornische Eigentumsrecht auf dem Mond gilt. Das entbehrt aber jeglicher Grundlage. Selbst die USA würde das offiziell von sich weisen. Diese Ambitionen werden als Scherz abgetan und sind es nicht wert, sie gerichtlich zu verfolgen.

Ö1-Sendungshinweise:

Die „Dimensionen“ kehren in der vierteiligen Serie „Lunar Loop“ auf den Mond zurück, geben einen Überblick über aktuelle Erkenntnisse und einen Ausblick auf künftige Forschungsvorhaben: 15.7. bis 18.7., 19.05 Uhr.

Hope hat aber auch eine „galaktische Unabhängigkeitserklärung“ ausgerufen. So, als ob durch diese Verlautbarung Tatsachen geschaffen würden.

Marboe: Das Versuch besteht. Denn was wäre, wenn sich eine Population selbstständig von der Erde machen würde und sich von dem erdgebundenen Rechtssystem unabhängig erklärte? Bisher gibt es eine sehr klare Bindung aller Weltraumaktivitäten an das Recht auf der Erde. Das ist entweder das nationale Recht oder das Völkerrecht. Der Grundlagenvertrag ist der Weltraumvertrag aus dem Jahr 1967 (outer space treaty), der letzte ist der 1979 verabschiedete Mondvertrag. Bisher funktioniert das sehr gut, trotz der technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen, die seither stattgefunden haben. Der Startstaat, der ein Objekt in den Weltraum verbringt, hat Verantwortung und haftet auch für Schäden, die durch dieses Weltraumobjekt entstehen.

Astronaut Edwin Aldrin bei der ersten Mondlandung neben der US-Flagge

NASA

Astronaut Edwin Aldrin bei der ersten Mondlandung neben der US-Flagge

Bei der Frage „Wem gehört der Mond?“ denkt man neben den Grundstücken auch an die Ressourcen, die sich auf dem Mond befinden, und an den Raum, der den Himmelskörper umgibt …

Marboe: Die Weltraumverträge unterscheiden zwischen dem leeren Weltraum und den Himmelskörpern - die celestial bodies. Die Freiheit des einzelnen Staates endet dort, wo sie die Freiheit eines anderen Staates einschränkt. Diese Balance muss gefunden werden. Grundsätzlich gilt die freie Nutzung des leeren Weltraumes. Bei den celestial bodies gilt das Verbot der Aneignung. Betreffend der Ressourcennutzung gibt es im Mondvertrag eine spezielle Regelung. Dort heißt es: Die Ressourcen des Mondes und anderer Himmelskörper sind das gemeinsame Erbe der Menschheit. Die Nutzung und der Abbau dieser Ressourcen sollten einem internationalen Regime unterliegen. Dieses Regime muss aber erst erarbeitet werden, sobald eine Ressourcennutzung wirtschaftlich möglich erscheint. Das ist gerade im Werden und es ist noch nicht so klar, wie sich die verschiedenen Staaten positionieren. Es ist auch den Staaten und Unternehmen klar, die für die freie Nutzung eintreten, dass eine gewisse Koordination auf internationaler Ebene notwendig ist.

Heuer im November veranstaltet das UNO-Weltraumbüro in Wien eine Konferenz, der Titel lautet „Access to Space for all“ – warum?

Marboe: Das Weltraumbüro (UNOOSA) will nicht nur die kleine Gruppe von hochindustrialisierten Staaten unterstützen, die bisher die Weltraumaktivitäten vorangetrieben haben, sondern will die gesamte Weltraumnutzung öffnen. Darum geht es bei der Konferenz im November. Schon in letzter Zeit gab es dazu eine Initiative für Kleinsatelliten, den sogenannten Nanosatelliten oder Cubesats. Diese können von Universitäten und kleineren Forschungseinrichtungen, auch Unternehmen, betrieben werden.

Ilse Huber, Ö1-Wissenschaft

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