Preisschlacht im Weltraum

Ariane 6 ist Europas Hoffnungsträgerin im All. Doch vor ihrem Jungfernflug im Jahr 2020 könnte sich die Trägerrakete zum Sorgenkind entwickeln. Das Hauptproblem: Die Konkurrenz aus den USA drückt die Preise.

Im Mai hat der Raketenbauer ArianeGroup offiziell mit der Serienproduktion der neuen Ariane begonnen. Zunächst werden 14 Raketen gebaut, die von 2021 bis 2023 vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana starten sollen. Die österreichische Weltraumfirma RUAG Space Austria mit Sitz in Wien und Berndorf (NÖ) wird die Thermalisolation für den Antrieb der neuen Ariane-6-Raketen liefern. Bisher war das Unternehmen auf die Thermoisolation von Satelliten spezialisiert.

Künstlerische Darstellung der Ariane-6-Rakete

APA/AFP/Airbus Safran Launchers Holding 2016

So wird die Ariane 6 nach Vorstellung ihrer Konstrukteure aussehen

„Wenn man hohe Zuverlässigkeit wollte und bereit war, einen hohen Preis zu zahlen, ist man in der Vergangenheit zu Ariane gegangen“, erklärt Ulrich Walter, früher Astronaut, heute Inhaber des Lehrstuhls für Raumfahrttechnik an der Technischen Universität München. Die Märkte seien früher vor allem zwischen den US-Amerikanern, Russen und Europäern fein säuberlich abgesteckt gewesen. Und so habe Ariane eben auch die Preise hochhalten können.

SpaceX gewinnt an Bedeutung

Das ist nun anders. Vor allem das aufstrebende Raumfahrtunternehmen SpaceX bringt die Europäer ins Schwitzen. Die Firma von Tesla-Chef Elon Musk setzt beim Bau seiner Raketen auf Großproduktion - und kann dadurch günstig anbieten. „Die Raketen sind nicht wirklich innovativer“, meint Walter. Der Vorteil liege vor allem beim Preis. „In der Vergangenheit waren einige Auftraggeber vielleicht bereit, mehr zu zahlen, weil die Ariane für Zuverlässigkeit steht.“ Aber mittlerweile habe auch SpaceX genug erfolgreiche Raketenstarts hingelegt und sich bewiesen.

Eine schlechte Nachricht für die europäische Raumfahrt gab es Donnerstagfrüh. Der Start einer Vega-Rakete am Weltraumbahnhof Kourou schlug fehl. Die Vega ist mit 30 Metern Höhe der kleinste Lastenträger im Arsenal des Raketenbetreibers Arianespace, einer Tochter der ArianeGroup. Auch wenn Vega, die hauptsächlich in Italien entwickelt wurde, nicht Ariane ist - es könnte an der Reputation nagen.

Staatsaufträge: Der halboffene Markt

Der Hersteller ArianeGroup bemängelt schon länger, dass SpaceX in den USA von Staatsaufträgen profitiert und für diese deutlich mehr Geld nimmt als von kommerziellen Kunden. „Wir wollen einen fairen Wettbewerb“, sagt ArianeGroup-Deutschland-Chef Pierre Godart. Es sei nicht in Ordnung, dass Märkte wie die in den USA, Russland oder China für Aufträge von staatlichen Institutionen nicht offen seien - Europa aber schon.

Facon-9-Rakete von SpaceX am Weltraumbahnhof

APA/AFP/SPACEX/Handout

Facon-9-Rakete von SpaceX

„Wenn es einen europäischen von Steuern finanzierten Launch gibt, dann soll dieser auch mit einer europäischen Rakete gestartet werden“, fordert er. Godart kritisiert, dass der Auftragsbestand von SpaceX zu 70 Prozent aus staatlichen und nur zu 30 Prozent aus kommerziellen Starts bestehe. „Bei uns ist das umgekehrt. Das macht es schwerer.“

Auch die deutsche Bundeswehr zum Beispiel setzt auf den US-amerikanischen Konkurrenten SpaceX - etwa bei den Spionage-Satelliten des Typs Sarah. „Wir können in Europa unsere Regierungen nicht zwingen, dass sie das europäische Produkt - die Ariane-Rakete - nutzen“, sagt der frühere Astronaut Ernst Messerschmid. Das sei schade. Doch dann brauche sich am Ende auch niemand beklagen, wenn Europa in der Raumfahrt den Anschluss verliere.

Politiker auf Distanz

Was heißt das jetzt für die Ariane 6? Die ESA hat dem Hersteller Ariane Group eine gewisse Anzahl von institutionellen Starts pro Jahr zugesagt. Allerdings habe sie ihrerseits dafür nicht die festen Zusagen der Mitgliedstaaten erhalten, merkt Ulrich Walter an. „Auf der anderen Seite gibt es die Vorgabe der europäischen Nationen, einen eigenen Zugang zum Weltraum zu haben.“

In Deutschland etwa bekennt man sich zwar zur Verpflichtung für die neue Trägerrakete - allerdings nicht frei von deutlichen Zweifeln. „Wir wollen die Ariane 6 fertigbauen. Wir wollen möglichst viel an institutionellen Starts auf die Ariane 6 bringen“, betont der Koordinator der deutschen Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt, Thomas Jarzombek. Man glaube, dass die Ariane 6 von ihren technischen Fähigkeiten her eine gute Rakete sei. In finanzieller Hinsicht fällt Jarzombeks Urteil indes deutlich zurückhaltender aus. „Wir sind unsicher, wie die kommerzielle Perspektive der Ariane 6 aussieht.“

science.ORF.at/dpa

Mehr zu diesem Thema: