Wie „gutes“ Cholesterin vor Krebs schützt

Das sogenannte „gute“ Cholesterin oder High-Density-Lipoprotein (HDL) gilt als Schutzfaktor gegen Krebs. Analysen eines Wiener Forschers zeigen: Die schützende Wirkung dürfte mit der Struktur der HDL-Partikel zusammenhängen.

Damit ein Tumor wachsen kann, braucht er Cholesterin zum Aufbau neuer Zellwände. Fettleibigkeit (Adipositas) und starkes Übergewicht sind bekannte Risikofaktoren für die Entstehung von Krebs im Verdauungsapparat, vor allem im Dickdarm und in der Bauchspeicheldrüse. „Es sind sicher multiple Stoffwechsel-Parameter, die bei starkem Übergewicht aus dem Gleichgewicht kommen. Man weiß, dass Fettgewebe nicht nur Fett speichert, sondern hormonell aktiv ist“, erklärt der Molekularbiologe Raimund Bauer von der Universität Wien. Der Blutfett-Spiegel und die Zusammensetzung der Blutfette von metabolisch fitten und fettleibigen Menschen unterscheiden sich.

Gefördert vom Wissenschaftsfonds FWF untersuchte Bauer am Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf (UKE), wie HDL-Partikel in der Mikroumgebung von Tumoren wirken. Dazu arbeitete er mit Mäusen, denen das Hauptstrukturprotein von HDL, das Apolipoprotein A-1 (APOA-1) fehlt, und die somit stark reduzierte HDL-Spiegel im Blutplasma aufweisen. Normalerweise setzen Leberzellen das HDL-Strukturprotein APOA-1 frei, an das sich Lipidkörper anlagern, worauf der fertige Partikel in die Blutbahn entlassen wird.

Struktur entscheidend

Zu den Aufgaben von HDL gehört u.a. überschüssiges Cholesterin aus der Peripherie des Körpers abzuziehen und zur Ausscheidung zurück in die Leber zu transportieren. In den Versuchen stand zunächst die Wirkung von HDL auf die Gefäßneubildung in Tumoren im Fokus, wobei sich keine direkten Effekte zeigten, jedoch Projekte entstanden, an denen weiter geforscht wurde.

In der Folge legte der Forscher das Augenmerk auf die direkte Interaktion von HDL mit den Tumorzellen: „Die Struktur der HDL-Partikel bestimmt die Funktion in der Wechselwirkung mit dem Tumor. Das konnten wir zeigen, indem wir stark Cholesterin-abziehende HDL-Partikel zum Einsatz brachten“, erläutert Bauer.

Gezielt beeinflussen

Aus dem als „gut“ bewerteten HDL-Cholesterin kann laut dem Wissenschaftler noch „fleißigeres“ HDL werden, wenn die Ladekapazität der Partikel für den Cholesterin-Abtransport gesteigert wird. Die „Cholesterin-abziehende“ Wirkung zeigte sich zum einen bei rekonstituierten HDL-Partikeln, für die APOA-1 mit einer Phospholipid-Hülle biochemisch zusammengefügt wird. Auch über den Umweg einer simulierten viralen Infektion von Leberzellen, die daraufhin APOA-1 Strukturproteine im Übermaß produzierten, zeigte sich eine protektive Wirkung bei Bauchspeicheldrüsenkrebs. Diese speziellen HDL-Partikel reduzierten die Wachstumsgeschwindigkeit der Tumore in Mäusen und hemmten die Zellteilung des Pankreaskarzinoms in Kultur.

Es zeigte sich, dass ein hoher HDL-Spiegel allein zwar nicht zwingend das Tumorwachstum verlangsame, aber die Cholesterin-abziehende Wirkung und die Interaktion mit den Rezeptoren der Tumorzellen zentrale Mechanismen seien, wie HDL das Tumorwachstum reduziere. „Wenn man es therapeutisch einsetzen will, müssen Struktur und Menge gezielt beeinflusst werden“, so Bauer zu den Ergebnissen.

Künftig will sich Bauer in Zellkulturen die Interaktion der HDL-Fettpartikel mit den Krebszell-Rezeptoren ansehen. Es ist anzunehmen, dass diese Lipoproteine bei fettleibigen Menschen ihre Funktion nicht oder nur unzureichend ausführen können.

science.ORF.at/APA

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