Nach dem Bit kommt das Trit

In der Quantenwelt herrschen seltsame Verhältnisse – und Physiker schaffen es ein ums andere Mal, diese Zustände auch im Labor aus der Materie herauszukitzeln: Jetzt haben Wiener Forscher erstmals ein sogenanntes Quantentrit verschickt.

Nein, es geht hier nicht etwa ums Treten nach Quantenart. Trit steht für „trinary digit“, eine Informationseinheit, der neben 0 und 1 (wie beim Bit) noch eine weitere Dimension zur Verfügung steht. Also in Summe drei: 0, 1 und 2. Und weil sich das Experiment, das dem Physiker Manuel Erhard nun gelungen ist, in der Quantenwelt abspielt, handelt es sich bei den Trits eigentlich um Quantentrits.

Ein Teilchen wandert durch drei Kabel

Der Quantenableger des Bits (Quantenbit genannt) ist schon seit einigen Jahren eine heiße Sache in der Experimentalphysik, da man damit beispielsweise äußerst leistungsfähige Quantencomputer betreiben könnte. Rechnen nach Quantenart bedeutet letztlich, das alte Schema von 0 oder 1 zu ersetzen durch eine Überlagerung der beiden Möglichkeiten. Ein Quantenbit schwebt gewissermaßen zwischen beiden Zuständen, es ist beides: 0 und 1.

Quantentrit: Verschränkte Teilchen in drei Dimensionen

Harald Ritsch

Das Entweder-oder gilt in der Quantenwelt nicht

So gesehen ist es naheliegend, dieses Prinzip zu erweitern und dem zweidimensionalen Schwebezustand noch eine dritte hinzuzufügen. Das hat Erhard nun gemacht: Seine Quantentrits sind in Lichtteilchen gespeichert und die drei Möglichkeiten beziehen sich auf den Aufenthaltsort dieser Teilchen. Der Physiker von der Akademie der Wissenschaften hat die Photonen so präpariert, dass sie gleichzeitig durch drei verschiedene Glasfaserkabel wandern. Vorstellen kann man sich das zwar, wenn überhaupt, nur unter Preisgabe der Logik, doch die Messungen zeigen: Es ist tatsächlich so, das Teilchen nimmt alle drei Wege. Es ist verteilt und bleibt dennoch ganz.

Teleportation: Auf in neue Dimensionen

Noch spektakulärer war der zweite Arbeitsschritt in Erhards Experiment. Ihm und seinem Team – darunter auch Kollegen aus China – gelang es nämlich, diesen Zustand auf ein zwei Meter entferntes Lichtteilchen zu übertragen. „Teleportieren“ heißt diese Methode, die gewisse Ähnlichkeiten zum Beamen aus der TV-Serie Star Trek aufweist. Der Unterschied ist nur: Beim Beamen wird die Besatzung des Raumschiffs Enterprise physisch von A nach B transportiert, beim Teleportieren ist es bloß die Quanteneigenschaft der Teilchen. Die Teilchen selbst bleiben dort, wo sie sind.

Im Jahr 1997 gelang einer Arbeitsgruppe um Anton Zeilinger erstmals so ein Experiment mit Quantenbits, nun, gut 20 Jahre später, zeigt die jüngere Generation, dass man diese Methode auf die Spitze treiben kann. Es wären auch vier, fünf, zehn und mehr Dimensionen möglich. Also auch Quantenquits, Quantenquints und Quantendits. „Ich kann mir gut vorstellen, dass man auch auf tausend Dimensionen kommen kann“, sagt Erhard im Gespräch mit science.ORF.at. Dafür böten sich beispielsweise Wasserstoffatome an, weil sie noch bedeutend mehr Freiheitsgrade als Photonen besitzen.

Versuchsaufbau: Labortisch mit Spiegeln, Linsen, Kabeln und Strahlenteilern

ÖAW

Der Versuchsaufbau

Begrifflich wird es bei tausend Dimensionen wohl ein bisschen unübersichtlich (Quantenkits?), aber das ist für die Forscher freilich die geringste Sorge. Die denken eher an mögliche Anwendungen, beispielsweise an das Internet der Zukunft, das Quanteninternet. Mit mehr Quantenzuständen ließe sich nämlich auch die Information dichter verpacken, praktisch wäre es beispielsweise, die Zustände an die Zahl der Buchstaben unseres Alphabets anzupassen. Und das erscheint nach dem jüngsten Experiment nicht unrealistisch.

Was die Kommunikationswege betrifft, greifen die Forscher ebenfalls nach größeren Dimensionen. Quantenbits wurden bereits über 1.400 Kilometer zu einem Satelliten geschickt – und so von Österreich nach China übertragen. Das sollte prinzipiell auch mit Quantentrits möglich sein.

Robert Czepel, science.ORF.at

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