Mehr Hochwasser zu erwarten

Wegen der Klimaerwärmung treten Flüsse nicht nur öfter über die Ufer, auch das Ausmaß der Hochwasser nimmt zu - das zeigt eine aktuelle Studie unter österreichischer Leitung. Betroffen sind einige Regionen Europas, darunter auch Österreich.

Wenn Flüsse über die Ufer treten, führt das zu gewaltigen Schäden. Weltweit entstehen dadurch jedes Jahr Kosten von mehr als 100 Milliarden Dollar. Und die Flüsse steigen zumindest in einigen Regionen Europas öfter und weiter an, wie eine internationale Studie zeigt, die soeben im Fachmagazin „Nature“ veröffentlicht wurde.

Mehr Hochwasser von Island bis Österreich

Die Studienergebnisse belegen, dass der Klimawandel einen eindeutigen Einfluss auf Vorkommen und Intensität von Hochwassern habe, sagt der Studienleiter Günter Blöschl, Vorstand des Instituts für Ingenieurhydrologie und Wassermengenwirtschaft der Technischen Universität Wien. „Vor allem im Nordwesten Europas werden Hochwasser in den nächsten Jahren zunehmen“, so Blöschl gegenüber science.ORF.at.

Das heißt, von Island bis Österreich werde es zu stärkeren Niederschlägen kommen, die Böden werden feuchter und gelangen bei ihren Wasserspeicherkapazitäten an ihre Grenzen. Anders ist das im Süden und Osten Europas. Hier wird es in den nächsten Jahren zu einer Abnahme der Intensität und folglich zu kleineren Hochwassern kommen.

Hochwasser im Inn bei Schwaz im Juni 2019

APA/ZOOM.TIROL

Hochwasser im Inn bei Schwaz im Juni 2019

Große regionale Unterschiede im Alpenraum

Insgesamt 35 internationale Forschungsgruppen haben für die Studie Daten von mehr als 3.700 europäischen Hochwassermessstationen aus den Jahren 1960 bis 2010 ausgewertet. Die Prognosen für die verschiedenen Regionen sind sehr unterschiedlich: Vom langjährigen Mittelwert ausgehend, reichen sie von einem Rückgang der Hochwasser von 23,1 Prozent in zehn Jahren bis zu einer Zunahme der hochwasserbedingten Wassermengen von 11,4 Prozent pro Dekade.

Auch die Prognose für Österreich weise große regionale Unterschiede auf, erläutert Blöschl. „Man sieht, dass die Hochwasser nördlich des Alpenhauptkamms zugenommen haben und vermutlich auch in Zukunft weiter zunehmen werden“, so der Hydrologe. Südlich des Alpenhauptkammes sehe man dagegen kaum Änderungen bei den Hochwassern.

Die Salzach im Bereich Kraftwerk Lehen am 29. Juli 2019

APA - Barbara Gindl

Die Salzach im Bereich Kraftwerk Lehen am 29. Juli 2019

Debatte um Hochwasserschutz

Dass auch die durch Hochwasser verursachten Schäden im nördlichen Oberösterreich oder Niederösterreich zunehmen werden, befürchtet Blöschl jedoch nicht. Österreich sei beim Hochwasserschutz insgesamt sehr gut aufgestellt. „Wir haben in den letzten Jahrzehnten sehr viel investiert für den Rückhalt von Hochwassern und deswegen ist die Hochwassergefahr im Vergleich mit anderen Ländern nicht so groß“, so Blöschl.

Der WWF sieht das anders. In einer Presseaussendung nimmt die Umwelt- und Tierschutzorganisation die Studie zum Anlass, eine Trendwende im österreichischen Hochwasserschutz hin zu einer ökologischen Strategie zu fordern. „In Österreich wurden seit 1950 im Schnitt täglich zwei Hektar Flussraum unwiederbringlich versiegelt", so Gebhard Tschavoll vom WWF.

Dadurch gehe nicht nur wertvoller Lebensraum verloren, im Hochwasserfall steige auch das Gefahrenpotenzial für Siedlungen und Gewerbeflächen. Überschwemmungsräume in Ufernähe sollten zukünftig stärker geschützt werden, argumentiert der WWF.

Marlene Nowotny, Ö1-Wissenschaft

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