Mikroplastik im Stuhl: Bedeutung unklar

Im Vorjahr haben Wiener Forscher erstmals Mikroplastik in Stuhlproben von Menschen gefunden. Nun wurde die Studie dazu veröffentlicht. Welche gesundheitliche Bedeutung das Plastik im Stuhl hat, ist weiter unklar.

Forscher und Forscherinnen von Umweltbundesamt (UBA) und MedUni Wien waren im Rahmen einer kleinen Pilotstudie fündig geworden, wie sie bei einem Gastroenterologie-Kongress in Wien berichteten.

Studie

„Detection of Various Microplastics in Human Stool“, Annals of Internal Medicine, 2.9.2019

Die acht Probanden führten eine Woche lang ein Ernährungstagebuch und gaben anschließend eine Stuhlprobe ab. Alle konsumierten in Plastik verpackte Lebensmittel oder Getränke aus PET-Flaschen, die Mehrzahl von ihnen verzehrte Fisch bzw. Meeresfrüchte, niemand ernährte sich ausschließlich vegetarisch.

PP und PET

Im Mittel wurden 20 Mikroplastikteilchen pro zehn Gramm Stuhl gefunden. „In unserem Labor konnten wir neun verschiedene Kunststoffarten in der Größe von 50 bis 500 Mikrometer nachweisen“, berichtete anlässlich der Erstpräsentation Bettina Liebmann, die für Mikroplastik-Analysen zuständige Expertin im UBA. Am häufigsten fanden sich PP (Polypropylen) und PET (Polyethylenterephthalat). Analysiert wurde hinsichtlich zehn der weltweit meist verbreiteten Kunststoffe.

Zusammenhänge zwischen Ernährungsverhalten und einer Belastung mit Mikroplastik konnten aufgrund der kleinen Zahl von Proben und Probanden nicht hergestellt werden. Auch zu den möglichen gesundheitlichen Auswirkungen der Aufnahme solcher Partikel gibt es bisher kaum gesicherte Erkenntnisse.

WHO-Bericht zu Mikroplastik im Wasser

Erst vor Kurzem hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen Bericht zu Mikroplastik im Trinkwasser veröffentlicht, demzufolge scheine „Mikroplastik im Trinkwasser nach heutigem Stand kein Gesundheitsrisiko darzustellen“. Aus der Forschung an Tiermodellen ist bisher bekannt, dass Partikel von einer Größe bis zu 130 Mikrometern durch Lücken im Darmepithel (Persorption) in die Körperkreisläufe wandern können. Wie sich das auf die Gesundheit auswirkt, ist jedoch weiterhin klar.

„Plastik selbst ist im Körper nicht reaktiv, und es werden keine toxischen Abbauprodukte gebildet“, unterstreicht etwa die Biochemikerin Eleonore Fröhlich von der Medizinuni Graz. Es sei aber wahrscheinlich, Mikroplastik andere Stoffe im Körper bindet. „Falls sie Insektizide, Fungizide und Herbizide aus der Umwelt binden, können sie Toxine in den Körper transportieren“, sagt Fröhlich. Ebenso sei es aber denkbar, dass sie die in der Nahrung befindlichen Giftstoffe binden und dadurch die Aufnahme in den Körper verhindern.

Genaue Gesundheitsfolgen unklar

Nach dem derzeitigen Stand des Wissens ist laut dem deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) „nicht davon auszugehen, dass von den Plastikpartikeln in Lebensmitteln gesundheitliche Risiken für den Menschen ausgehen.“ Die längerfristigen Wirkungen des Verzehrs von Mikroplastik auf die menschliche Gesundheit seien jedoch weitestgehend unbekannt und derzeit Gegenstand anlaufender Forschungsprojekte.

Als Mikroplastik werden Plastikteilchen mit einer Größe kleiner als fünf Millimeter bezeichnet. Es wird als Zusatz in Kosmetikprodukten verwendet, entsteht aber vor allem ungewollt durch Zerkleinerung, Abrieb oder Zersetzung größerer Plastikteile in der Umwelt. Die globale Plastikproduktion liegt aktuell bei über 400 Millionen Tonnen pro Jahr, erläuterten UBA und MedUni im Oktober vergangenen Jahres.

science.ORF.at/APA

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