Verhaltenstherapie hilft gegen Migräne

Migräne ist eine der häufigsten Erkrankungen des Gehirns. Die meisten Patientinnen und Patienten greifen zu Medikamenten, um die Schmerzen erträglich zu machen. Eine aktuelle Studie zeigt aber: Auch eine Verhaltenstherapie kann helfen.

Die Schläfe pocht, der Schmerz breitet sich bis in den Nacken aus, vor den Augen flimmert es, Übelkeit steigt auf. In Österreich erlebt jede sechste Frau regelmäßig Migräneattacken, unter den Männern ist es laut Österreichischer Gesellschaft für Neurologie jeder 17. An der Universität Mainz läuft derzeit unter Leitung des Psychotherapeuten und Schmerzexperten Timo Klan eine Studie, in der 90 Patientinnen und Patienten versuchen, mit Hilfe einer Verhaltenstherapie ihre Beschwerden in den Griff zu bekommen. Auf Basis bisheriger Erfahrungen sagt Studienleiter Klan: „Grundsätzlich kann man sagen, dass eine Reduktion der Kopfschmerzaktivität von 40 bis 50 Prozent zu erwarten ist. Es ist durchaus realistisch, dass man weniger Akutmedikamente braucht.“

Das Gehirn beruhigen

Mit einer Migräneattacke reagiert das Gehirn auf eine Überlastung, zu viele Reize strömen ein. Mit der Attacke signalisiert der Körper, dass das Gehirn sich erholen muss. Eine Verhaltenstherapie besteht deshalb aus mehreren Bausteinen. Da sind Entspannungsverfahren, die progressive Muskelrelaxion etwa, so Klan: „Da geht es darum, verschiedene Muskelgruppen erst anzuspannen und dann wieder locker zu lassen. Indem man muskuläre Anspannung und Entspannung bewusst wahrnimmt, kommt man in einen allgemeinen Entspannungszustand.“ Auch autogenes Training könne eingesetzt werden, meist sei die Muskelentspannung aber leichter zu erlernen.

Ö1 Sendungshinweis:

Über Verhaltenstherapie bei Migräne berichtet auch das Journal um 8 am 5.9.2019.

Der zweite Baustein der Therapie ist es, an ungünstigen Lebenseinstellungen zu arbeiten: „Zum Beispiel wenn ich einen sehr hohen Perfektions- oder Leistungsanspruch an mich habe. Da kann man in der Therapie überlegen, wie die Einstellung geändert werden kann, um die Stressbelastung zu reduzieren.“ Darüber hinaus kann als drittes Element Neurofeedback helfen, die eigenen Gehirnströme zu beruhigen. Bei der aktuellen Studie an der Universität Mainz werden die ersten beiden Bausteine – Entspannung und Stressreduktion – in die Behandlung integriert.

Individuelle Unterschiede

40 bis 50 Prozent weniger Kopfschmerzen sind ein Durchschnittswert, so Timo Klan: „Es gibt große Unterschiede, das sehen wir auch in unserer Studie. Es gibt Menschen, die deutlich stärker profitieren und nach einer Verhaltenstherapie kaum noch Kopfschmerzen haben. Aber wir sehen auch Patientinnen und Patienten, die überhaupt nicht ansprechen.“ Die Erfahrung zeigt: Bei Menschen mit häufigen Migräneattacken lohnt sich eine Kombination aus Verhaltenstherapie und vorbeugenden Medikamenten, so Kopfschmerzexperte Timo Klan.

Elke Ziegler, science.ORF.at

Mehr über Migräne: