Hula-Tanz gegen hohen Blutdruck
Es klingt zunächst wie für eine nette Presseaussendung gemacht: Hula-Tanzen für die Gesundheit. Aber die Hula-Studie hat mehr Hintergrund als nur idyllische Hawaii-Werbung. Denn so traumhaft und entspannt den Besuchern die Insel vorkommen mag, den polynesischstämmigen Ureinwohnern Hawaiis geht es nicht immer so gut.
Sie haben ein wesentlich höheres Risiko für manche Krankheiten, die Rate von Herzkrankheiten und Schlaganfällen sei bei einheimischen Hawaiianern viermal höher als bei anderen Bevölkerungsgruppen, wie Joseph Keawe’aimoku Kaholokula erklärt. Der klinische Psychologe arbeitet an der Universität von Hawaii und beschäftigt sich dort hauptsächlich mit Gesundheitsfragen der eingeborenen hawaiianischen Bevölkerung.
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Hula für Seele und Herz
Kaholokula hat nicht zum ersten Mal Studien zum Hula durchgeführt: Positive Effekte auf die psychische Verfassung konnte man bereits zeigen – mehr Gemeinschaftsgefühl, innere Bestärkung, weniger wahrgenommene Diskriminierung im Alltag. Auch hatte er schon gemessen, dass der Energieverbrauch von einer Stunde Hula-Tanzen sich nicht allzu weit hinter Basketball oder Radfahren zu verstecken braucht. Was so entspannt aussieht, ist doch auch ernstzunehmende körperliche Ertüchtigung.
Ö1-Sendungshinweis
Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 9.9., 13:55 Uhr.
In der jetzt veröffentlichten Studie konnten Hula-tanzende Patientinnen und Patienten, deren Blutdruck trotz medizinischer Behandlung zuvor erhöht geblieben war, zu einem gesünderen Blutdruckwert kommen. 263 hawaiianischstämmige Menschen (80 Prozent weiblich, durchschnittliches Alter 58) nahmen an der Studie teil, alle bekamen eine Einweisung in gesünderen Lebensstil und Umgang mit Bluthochdruck, nur die Hälfte aber tanzte dann Hula, zunächst zweimal die Woche, dann nur noch einmal. Die Hula-Gruppe konnte im Schnitt eine deutliche Senkung des Blutdrucks vorweisen und nach einem Jahr auch eher auf dem besseren Niveau halten.
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Kulturelles Erbe motiviert
Die Bewegung alleine macht es nicht aus, glaubt Keawe’aimoku Kaholokula. Neben der körperlichen Anstrengung bringt gemeinsamer Hula-Tanz eine soziale Gemeinschaft und gibt eine kulturelle Erdung, wie der Psychologe erklärt: „Hula schafft so etwas wie eine Familie. Man nennt einander Hula-Bruder oder Hula-Schwester. Und es gibt diesen Geist von Aloha, diese Liebe füreinander und Respekt für all das, was um uns herum ist. Es ist nicht nur ein Tanz, sondern ein Lebensstil. Es geht tiefer als das, was Hollywood zeigt.“ Hula erzählt oft traditionelle Geschichten und Mythen, und ist Träger der hawaiianischen Kultur.
Das wichtigste bei chronischen Erkrankungen sei, dass Patienten positive Verhaltensänderungen nicht aufgeben. In früheren Untersuchungen hatten Kaholokula und seine Kollegen festgestellt, dass typische Lebensstilprogramme zur Senkung des Blutdrucks, die etwa auf Training im Fitnesscenter oder Laufen ausgerichtet waren, für einheimische Hawaiianerinnen und Hawaiianer langweilig oder teuer waren und vorzeitig beendet wurden.
„Wir stellten fest, dass einheimische Hawaiianer gruppenbasierte und kulturell relevante Lebensstiländerung wollen, die mit ihren kulturellen Werten und Perspektiven zusammenpassen“, sagte Kaholokula. Darum der Versuch, Hula für die Gesundheit zu nutzen.
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Tango und Walzer wohl auch gesund
Tanzen als Einstieg in eine aktivere Lebensweise ist auch deshalb interessant, weil es sozial ist, aber man mit niemand in Konkurrenz stehen muss. Der kulturelle Aspekt, mit dem man sich identifizieren kann, ist vielleicht nicht immer so tief verwurzelt, aber es gibt in den meisten Ländern Tanzangebote, die auf eine längere Geschichte zurückblicken – das kann auch einfach der bekannte Gesellschaftstanz ein, ob Walzer oder Tango.
Oder eben doch Hula, denn es gebe mittlerweile immerhin mehr Hula-Schulen außerhalb von Hawaii, lacht Keawe’aimoku Kaholokula, als auf den Inseln selbst.
Isabella Ferenci, Ö1-Wissenschaft