Impflücken als Risiko vor der „Virensaison“

Einige Österreicherinnen und Österreicher sind beim Impfen nachlässig. Darauf haben heute Ärzte, Apotheker und Pharmazeuten aufmerksam gemacht. Vor allem im Winter breiten sich Grippeviren und Keime wie Pneumokokken besonders leicht aus.

Rund 1.400 Menschen sind laut der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) in der vergangenen Saison an den Folgen einer Grippe gestorben, in der Saison davor waren es ca. 2.800 Menschen. Betroffen sind vor allem Menschen mit Asthma, Hirndurchblutungsstörungen, Bluthochdruck und einem schwachen Herzen. „Je schwächer das Herz, desto gefährlicher wird die Grippe“, sagt der Infektiologe Christoph Wenisch vom Kaiser-Franz-Josef-Spital in Wien.

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Diesem Thema widmeten sich auch das Mittagsjournal sowie die Nachrichten am 1.10.

Einerseits kann das Virus direkt den Herzmuskel angreifen, andererseits macht es die Blutplättchen klebriger. Ist der Blutfluss in den herzversorgenden Gefäßen bereits gestört, können die Blutplättchen das vorerkrankte Gefäß verschließen. Gerade während einer Grippe braucht das Herz allerdings mehr sauerstoffreiches Blut - mit jedem Grad Celsius Körpertemperatur steigt der Sauerstoffbedarf um 15 Prozent an. „Das sind drei Faktoren, die das Herzinfarktrisiko während einer Influenza-Erkrankung um das Sechsfache erhöhen.“

18 Prozent weniger Todesfälle

Laut einer aktuellen Untersuchung in Dänemark mit mehr als 100.000 Teilnehmern kann durch eine Grippeimpfung das Sterberisiko bei herzkranken Menschen um 18 Prozent gesenkt werden. Auch Asthmapatienten profitieren. „Bei Asthma kann es während der Grippe zu schweren Asthmaanfällen kommen, bei denen man ins Krankenhaus muss.“ Geimpfte Asthmatiker hatten um bis zu 80 Prozent weniger schwere Anfälle.

Abgesehen von Menschen mit Vorerkrankungen weist Wenisch auch darauf hin, dass Schüler und Schülerinnen gegen Grippe geimpft werden sollten. Sie gelten als die Motoren einer Grippewelle. „Wenn man die Schulkinder impft, dann kann ich diese Ausprägung der Epidemie in der geimpften Kohorte um 60 Prozent reduzieren.“

Neben Impfen hilft auch guter und ausreichender Schlaf, regelmäßiges Lüften und Händewaschen, um sich vor einer Infektion zu schützen.

Einen 100-prozentigen Schutz gegen Grippeviren gibt es allerdings nicht. Damit die Impfung wirkt, braucht man grundsätzlich ein gutes Immunsystem, so Wenisch. „Vor allem bei Älteren ist das Immunsystem bereits schwächer. Das gilt aber auch für Menschen, die eine Chemo- oder eine Antikörpertherapie machen.“ Zudem umfasst der Impfschutz nicht immer alle Influenza-Viren oder die Viren ändern sich im Laufe der Saison.

Prognose: Impfstoff passt, Epidemie mild

Für die kommende Saison dürfte der Impfstoff grundsätzlich auf die Viren passen. Das zeigt das Beispiel Australien. Hier ist der Winter und damit die Grippesaison schon fast zu Ende. In den vergangenen Jahren galt das Land als zuverlässiger Gradmesser für die anschließende Grippesaison in Österreich, sagt Wenisch. Demnach ist auch davon auszugehen, dass die Grippewelle zwar früher beginnt, jedoch weniger Menschen betroffen sind.

Nicht nur Influenza-Viren, allgemein breiten sich Keime im Winter, wenn es kalt ist, leichter aus. Dazu zählen auch Pneumokokken. Nicht nur bei Säuglingen und kleinen Kindern können die Bakterien zu Mittelohr- und schweren Lungenentzündungen führen, auch Menschen über 50 Jahre - wenn das Immunsystem schwächer wird - sind vermehrt betroffen. Hier wäre eine einmalige Auffrischungsimpfung ratsam, betont Wenisch. „Die Pneumokokken kann man grundsätzlich überall bekommen - in der Straßenbahn, im Wirtshaus, auf der Wiener Wiesn. Da macht es Sinn, wenn ich geimpft bin.“ Zur Risikogruppe zählen zudem Asthmatiker, Menschen mit Cochlea-Implantat, Krebs- bis hin zu Leberzirrhose-Patienten.

Zum Schutz von Neugeborenen sei es zudem wichtig, dass sich Bezugspersonen gegen Keuchhusten impfen lassen. Über Risiken und Nebenwirkungen von Impfungen klären Ärztinnen und Ärzte auf.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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