Fliegen: So viel CO2 verursachen Promis

Paris Hilton, Bill Gates und Oprah Winfrey fliegen weit mehr als der westliche Durchschnittsbürger - und befördern dementsprechend große Mengen CO2 in die Atmosphäre. Wie viel das ist, hat jetzt ein Wissenschaftler berechnet.

Bill Gates kam im Jahr 2017 auf 350.000 Flugkilometer im Privatjet. Damit hat der Geschäftsmann, der sich international unter anderem für nachhaltige Projekte und den Klimaschutz einsetzt, umgerechnet 1.600 Tonnen CO2 in die Atmosphäre gebracht. „Das ist 16.000-mal mehr CO2 als ein Mensch durchschnittlich pro Jahr durch Fliegen verursacht, nämlich 100 Kilogramm CO2“, erklärt Stefan Gössling von der Lund Universität, der die Flugbilanz von Bill Gates ausgerechnet hat.

Dabei ist zu bedenken, dass allgemein nur ein Bruchteil der Weltbevölkerung überhaupt fliegt und noch viel weniger Menschen mehrmals im Jahr in das Flugzeug steigen. „Global gesehen fliegen ja nur drei Prozent international", fasst Gössling gegenüber science.ORF.at seine Berechnungen aus dem Jahr 2006 zusammen. „Das heißt, der ganze Klimaeffekt, der durch die Emissionen aus dem Flugverkehr verursacht wird, kommt von einer sehr kleinen Anzahl an Menschen.“

Die Studie

„Celebrities, air travel, and social norms“, Annals of Tourism Research (20.10.2019)

Paris Hilton, Zuckerberg und Watson

Wie groß die Diskrepanz ist, hat der Tourismus- und Transportforscher nun anhand der Instagram-, Facebook- und Twitter-Accounts von zehn Berühmtheiten analysiert. Neben Bill Gates wurden auch die Profile von Emma Watson, Mark Zuckerberg und Paris Hilton untersucht. Anhand deren Postings und Fotos konnten die Forscher nachvollziehen, wie oft, wohin und womit die Promis reisten.

Während Paris Hilton im Jahr 2017 auf knapp 1.300 Tonnen CO2 kam, waren es bei Emma Watson nur 15 Tonnen. Medienberichten zufolge kompensiere die Schauspielerin ihre Flüge. Mark Zuckerberg liegt in der Bilanz zwischen Watson und Hilton.

Übersicht der untersuchten "Promis" und ihre Flugkilometer

Stefan Gössling

Zahlen aus Gösslings Studie

Gössling weist allerdings darauf hin, dass seine Berechnungen eher konservativ seien. Immerhin werde nicht jeder Urlaub oder private Flug in den Sozialen Netzwerken geteilt, mitunter auch aus Sicherheitsgründen. „Bekannte Sportler, Künstler, Geschäftsleute pflegen einen Lebensstil, der damit verbunden ist, viel unterwegs und auf der ganzen Welt präsent zu sein. Niemand weiß so wirklich, welchen Einfluss deren Lebensstil auf das Klima hat. Über Soziale Medien und Medienberichte hat man nun erstmals auch öffentliche Daten zur Verfügung, die man nutzen kann“, so der Transportwissenschaftler.

„Ein generelles Problem“

Die Studie zeigt: Promis, Geschäftsleute und Sportler belasten das Klima mit ihrem Lebensstil deutlich mehr als andere. Auch wenn sich manche darum bemühen, ihren Klimaeffekt klein zu halten oder gar versuchen, die Klimakrise zu bremsen, indem sie nachhaltige Projekte fördern.

Das Problem betreffe nicht nur jene zehn Prominente in der Studie, sondern sei ein generelles Problem. Schätzungen zufolge verursachen die reichsten zehn Prozent der Menschen die Hälfte aller Emissionen weltweit. Studien zufolge werden sie aber am wenigsten unter den Folgen des Klimawandels leiden.

Flugzeug bei der Landung, bewölkter Himmel

APA/AFP/Ben STANSALL

Das Dilemma kennen auch Wissenschaftler. Viele versuchen, die Welt mit ihrer Forschung positiv zu verändern und Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel aufzuzeigen und fliegen aus diesem Grund mehrmals im Jahr zu Konferenzen. „Grundsätzlich gilt beim Fliegen: Wer schon einmal im Jahr fliegt, zählt zu den überdurchschnittlich großen Verschmutzern.“ Um sich einigermaßen klimaschonend zu verhalten, dürfte jeder Mensch insgesamt nur 2,3 Tonnen CO2 pro Jahr verursachen. Mit einem Flug von Wien nach Barcelona ist bereits ein Viertel des CO2-Jahrespensums aufgebraucht. Wer nach New York fliegt (2,9 Tonnen), hat es bereits überschritten.

Höhere CO2-Steuer für Vielflieger

Um das Problem in den Griff zu bekommen, brauche es unterschiedliche politische Maßnahmen, die das Verhalten letztlich aller klimafreundlicher macht, betont Gössling. So wird in Großbritannien etwa über eine CO2-Steuer diskutiert, die vor allem auf Tickets von Vielfliegern geschlagen werden soll.

Zudem kritisiert der Forscher den Umstand, dass Fliegen stark subventioniert wird. Anders als Benzin und Diesel kann Kerosin fast überall steuerfrei getankt werden. Zudem wird keine Mehrwertsteuer auf internationale Flüge erhoben. Das - unter anderem - macht das Fliegen so billig. „Es ist sehr wohl Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass der umweltfreundlichste Verkehrsträger auch der billigste ist.“ So könne man es niemandem vorwerfen, das Angebot anzunehmen, für beispielsweise 40 Euro nach Paris und retour zu fliegen, anstatt mit dem Zug zu fahren.

Letztlich gehe es in der Klimadebatte auch um die Frage der Klimagerechtigkeit, die es zu diskutieren gilt, so der Transport- und Tourismusforscher. „Vielleicht ist es tatsächlich auch eine Frage der Begrenzung des Kapitalismus. Natürlich hat der Kapitalismus uns allen geholfen, hohen Wohlstand zu erreichen. Vielleicht sind wir aber an einem Punkt angelangt, wo er nur noch einzelne begünstigt, die auch in Zukunft große Mengen an Ressourcen zu sich leiten können“, argumentiert Gössling.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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