Frauen verlieren „Kampf um Thermostat“
Dass Frauen höhere Temperaturen bevorzugen als Männer, hat biologische Ursachen: Sie haben weniger Muskeln, die Körperwärme produzieren, und frieren deshalb schneller. Zwar verfügen sie über mehr isolierendes Körperfett, das macht die Muskelmasse aber nicht wett, vor allem nicht bei dünnen Frauen. Außerdem ist die männliche Haut dicker, und die Durchblutung konzentriert sich bei Frauen – wenn es kalt ist – auf die Körpermitte.
Studie
„Thermostat wars?“, PLOS One, 13.11.2019
Ö1-Sendungshinweis
Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 16.12., 13:55 Uhr.
Deswegen haben sie es in der Regel lieber wärmer als Männer, was in Partnerschaften oder unter Kollegen zu Diskussionen führen kann. Wie diese Diskussionen ablaufen, hat nun ein Team um die Umweltpsychologin Nicole Sintov untersucht – und zwar nach Eigenangaben zum ersten Mal überhaupt. „Bis jetzt wurde noch nicht untersucht, wie Paare gemeinsame Energieentscheidungen in einem Haushalt treffen“, so Sintov in einer Aussendung.
Ohio State University
Für die Studie führten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 112 Haushalten im US-Bundesstaat Ohio eine Art Tagebuch, in dem sie u. a. Angaben zur ihrer Heizungssituation im Winter machten. Dabei gab es verschiedene Möglichkeiten, die Entscheidung über die tatsächliche Raumtemperatur zu beschreiben. Während sie Männern eher als „Kompromiss“ oder „Übereinkunft“ erschien, hielten sie Frauen öfter für das Resultat eines „Konflikts“.
Ziehen sich eher einen Pullover an
Das kann daran liegen, dass die beiden Geschlechter Diskussionen allgemein unterschiedlich bewerten. Die Studienautorinnen neigen aber zu einer anderen Interpretation: „Es ist möglich, dass Frauen den Kampf um den Temperaturregler verlieren“, sagte Nicole Sintov. Dafür spreche etwa der Umstand, dass sie mit der Raumtemperatur tendenziell unzufriedener sind als die Männer. Frauen scheinen also eher bereit zu sein, die „kühleren Wünsche“ ihrer Partner zu akzeptieren – und lieber auf individuelle Lösungen umsteigen, indem sie sich etwa einen Pullover mehr anziehen.
Vielleicht sind Frauen beim Aushandeln der Temperatur aber auch weniger durchsetzungskräftig, was paradoxerweise genau damit zu tun hat: Laut einer früheren Studie ist das Frauenhirn bei über 30 Grad Celsius am produktivsten, das männliche Gehirn arbeitet bei niedrigeren Temperaturen am besten. Die von ihnen tendenziell selbst veranlassten, kühleren Temperaturen könnten den Männern kognitiv helfen - und somit auch beim „Konflikt um den Thermostat“ kreativer machen.
Lukas Wieselberg, science.ORF.at