Zu viele Österreicher sterben an Herzschwäche

In Österreich sterben zu viele Menschen an Herzschwäche, erklärten am Donnerstag Kardiologen in Wien. Vor allem bei der Vorbeugung und Früherkennung gäbe es im Vergleich zu anderen reichen Ländern Nachholbedarf.

Die Menschen sollten sich hierzulande mehr bewegen, weniger rauchen, gesünder essen und lernen, wie man Herzprobleme erkennt. Außerdem bräuchte es mehr Herz-Fachärzte (Kardiologen).

Zu viel Cholesterin, zu wenig Bewegung

„Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in Österreich noch immer die Haupt-Todesursache, fast 40 Prozent der Menschen sterben daran“, sagte Peter Siostrzonek von der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft. Krebserkrankungen rangieren mit 25 Prozent an zweiter Stelle. Laut einer internationalen Studie beträgt die durchschnittliche Sterblichkeit für Herzerkrankungen in reichen Industrieländern (High Income Countries) „nur“ 22 Prozent, während Krebs mit 55 Prozent die gefährlichste Krankheit ist. Demnach gibt es in Österreich zu viele Herz-Kreislauf-Tote.

Grund dafür wäre unter anderem, dass die Österreicher bei vielen Risikofaktoren unterdurchschnittlich abschneiden: Sie haben weit höhere Cholesterinwerte als zwei Drittel der anderen Europäer, ihre körperliche Aktivität ist unterdurchschnittlich, Diabetes recht verbreitet, und auch die Anzahl der Kardiologen ist nicht im europäischen Spitzenfeld, sondern eher im unteren Bereich anzusiedeln, so der Herzspezialist.

Mann greift sich aufs Herz

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Herzinfarkte gehen zurück

An der medizinischen Versorgung von Herzinfarktpatienten läge die hohe Sterblichkeit jedenfalls nicht: Die Zahl der Todesfälle durch einen Infarkt ging von 49.000 im Jahr 1980 auf 32.700 im Jahr 2018 zurück, obwohl zwischenzeitlich 1,3 Millionen mehr Menschen in Österreich leben. „Für diese sehr positive Entwicklung zahlen wir aber einen hohen Preis: Immer mehr Menschen, die einen akuten Herzinfarkt überleben, erkranken an einer Herzinsuffizienz, also Herzschwäche“, erklärte Thomas Stefenelli vom Sozialmedizinischen Zentrum in Wien.

Ihr Herz kann, zum Beispiel wegen einer kleinen, vom Herzinfarkt hervorgerufenen Narbe, nicht genug Blut in den Körper pumpen. Bis zu 45 Prozent der Menschen, die wegen einer Herzschwäche im Krankenhaus aufgenommen werden, sterben innerhalb eines Jahres, berichtete er.

Frage des Lebensstils

Oberstes Ziel müsse es sein, dass die Menschen überhaupt keine Herzerkrankung entwickeln, so Johann Altenberger vom Rehabilitationszentrum Großgmain für Herz-Kreislauf- und neurologische Erkrankungen in Salzburg. Weil neun von zehn Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf einen ungesunden Lebensstil zurückzuführen sind, also etwa auf Rauchen, Übergewicht und Bewegungsmangel, sollte man hier Verbesserungen anstreben. „Menschen, die regelmäßig körperlich aktiv sind, haben nicht nur weniger Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, sondern auch höhere Chancen, solch einen Vorfall zu überleben“, erklärte Altenberger.

Außerdem sollte man die „Sekundärprävention“ forcieren, also bei Patienten nach einer Erkrankung wie einem Herzinfarkt Schlimmeres verhindern. Auch hier wären einerseits Bewegung, gesunde Ernährung und Nichtrauchen angesagt, aber auch Medikamente: Niedrig dosiertes Aspirin könnten die Sterblichkeit um 13 Prozente senken, Blutfettsenker um 25 Prozent.

Läufer am Laufband

dpa/Britta Pedersen

Symptome für Herzinsuffizienz meist unbekannt

Man sollte die Leute auch besser aufklären, wie man Herzprobleme erkennt, sagte Stefenelli: „Nicht einmal einer von zehn Bürgern kennt die drei häufigsten Symptome einer Herzinsuffizienz: geschwollene Beine, Atemnot mit Husten und rapide Gewichtszunahme“. Viele Menschen erhalten dadurch zu spät eine zielführende Behandlung.

Manche Medikamente werden von den Kassen auch schlecht erstattet, so Siostrzonek. Dadurch würden nicht immer die am besten wirkenden Mittel zur Anwendung kommen. Er plädierte dafür, bei einer Zusammenlegung der Krankenkassen, die in Österreich derzeit sehr unterschiedlichen Leistungen anbieten, auf hohem Niveau „für eine optimale Patientenversorgung“ zu vereinheitlichen.

Sorgen macht den Kardiologen auch ihr Nachwuchs. Nicht, nur, dass sie im europäischen Vergleich ohnehin eher dünn gestreut sind, und die immer länger werdende Lebenserwartung bedeutet, dass immer mehr von ihnen gebraucht werden, ist ihre Altersverteilung nicht allzu günstig: So werden in den kommenden zehn Jahren fast 40 Prozent von ihnen den Ruhestand antreten, erklärte Johannes Steinhart von der Österreichischen Ärztekammer. Man müsse sich daher aktiv darum kümmern, dass es ausreichend ärztlichen Nachwuchs in der Kardiologie gibt.

science.ORF.at/APA

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