Österreichisches Wohndesign für neue Raumstation

Die Europäische Weltraumagentur (ESA) beteiligt sich an der nächsten Internationalen Raumstation: Lunar Gateway soll um den Mond kreisen. Vier Astronauten werden dort leben können – und das voraussichtlich im Design von Wiener Weltraumarchitekten.

Ein zwanzig Quadratmeter großes WG-Zimmer für vier Leute, ohne Fenster, mit eher schlechter Verkehrsanbindung: So könnte man das Wohnmodul der Mondumlaufbahnstation Gateway „iHab“ (International Habitat) beschreiben. Die unweigerliche Beengtheit etwas erträglicher zu machen ist die Aufgabe von Weltraumarchitekten. Der erste Entwurf stammt dabei vom Wiener Weltraumarchitekturbüro Liquifer.

Zeichnung: Wohnmodul für die Mondstation

LIQUIFER Systems Group/Damjan Minovski 2019

Entwurf für das Wohnmodul

Zunächst hilft es da schon in Kubikmetern und nicht Quadratmetern zu denken, wie Architektin Barbara Imhof erklärt: „In der Schwerelosigkeit kann man ja jede Fläche, auch die „Decke“ benutzen. Darum hat man viel mehr Möglichkeiten, einen Raum zu gestalten.“

Jahrelange Expertise

Seit mehr als 15 Jahren planen Imhof und ihre Kollegen Waltraud Hoheneder und René Waclawicek Schwerelosigkeit mit ein, auch das Gefühl, im Weltraum aufzuwachen. Wie kann man Privatsphäre auf so engem Raum schaffen, welche Materialien sind dafür geeignet, wie lässt sich Platz für Sport und Entspannung nutzen, je nach Bedarf. Und das immer im Rahmen enger technischer Voraussetzungen. Während der Planungsphase wurde zum Beispiel das Volumen des Moduls verkleinert, darauf müssen dann auch die Weltraumarchitekten reagieren.

NASA-Pläne für die Raumstation

NASA

Lunar Gateway

Ganz oft bleibt es bei solchen Projekten bei Konzepten: für Machbarkeitsstudien oder Kostenschätzungen. Doch dieses Mal könnte nicht nur irgendwann, sondern relativ bald eine Umsetzung folgen. Nach dem Zeitplan soll das Wohnmodul der Mond-Raumstation bereits 2025 fertig sein. „Für uns ist das sehr spannend,“ sagt Barbara Imhof, “weil es ein Projekt mit einem sehr realen Hintergrund ist. Der erste Schritt ist jetzt schon vollbracht: die Ministerkonferenz, die die neuen Budgets beschlossen hat. Der zweite Schritt wird im nächsten Jahr passieren, wenn die Teams zusammengestellt werden.“

Von Wien in die Mondumlaufbahn

Die Chancen, dass das Liquifer-Team den offiziellen Auftrag erhält und die Mondumlaufbahn-WG ein paar Stockwerke über dem Donaukanal geplant wird, stehen gut. Die Wiener Weltraumarchitekten sind immer noch Vorreiter in einer ziemlich kleinen Nische.

Dass sich gerade in Österreich ein umfassendes Weltraumarchitekturbüro entwickelt hat, erklärt sich teilwiese aus politischen Entscheidungen: Bei der ESA können Mitgliedsländer neben Pflichtbeiträgen auch rein optional Programme unterstützen. Gelder sollen - so sieht es das ESA Konzept des „Geo-Return“ vor - über Aufträge wieder an beteiligte Industrien in den jeweiligen Ländern fließen. Dadurch wird es zu einer Art Förderschiene für bestimmte Industrien.

So ähnlich wird es im neuen Wohnmodul aussehen

LIQUIFER Systems Group/Damjan Minovski 2019

Entwurf für das Wohnmodul

Das hat Barbara Imhof animiert, die bereits einen Master von der International Space University und Architekturerfahrung hatte, auf Weltraumarchitektur zu setzen; „Wir haben vor allem angefangen, weil Österreich sich entschlossen hat - 2003/2004 - robotisch/astronautische Exploration einzuzahlen, insbesondere in das Aurora Programm der ESA. Und damals hat Österreich aktiv Leute gesucht, die Expertise haben und sich etwas aufbauen wollen.“

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag im Journal um acht, 4.12., 8:00

Das hielt allerdings nicht lange, schon wenige Jahre später hat die österreichische Weltraumstrategie sich verändert, die astronautischen Programmen erhielten keine Gelder mehr. Grund war vielleicht die Wirtschaftskrise, meint Weltraumarchitektin Imhof, die jetzt umso erfreuter ist, dass Österreich jetzt auf die alte Strategie zurückkommt: Beim gerade beschlossenen ESA-Budget stellt Österreich mit einem einstelligen Millionenbetrag wieder einen Fuß in die Tür der astronautischen Raumfahrtforschung.

Isabella Ferenci, Ö1-Wissenschaft

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