Mit Grippe kriegt man keinen Schnupfen

In der kalten Jahreszeit haben Viren aller Art Hochsaison. Das Risiko sich anzustecken ist hoch. Forscher haben nun eine gute Nachricht: Wer bereits die Grippe hat, bekommt wahrscheinlich keinen Schnupfen und umgekehrt.

In den menschlichen Atemwegen fühlen sich Viren wohl. Besonders gut gedeihen sie dort, wenn es draußen kalt und in den Räumen trocken ist. Die Folge: Erkältungen, ein Schnupfen und sogar die echte Grippe. Diese Viruserkrankungen können das Immunsystem schwächen; vor allem wenn sie nicht ganz ausgeheilt sind, machen sie anfälliger für Sekundär- oder Superinfektionen wie Lungenentzündung und Angina. D. h., virale Infektionen bereiten oft den Boden für bakterielle Erkrankungen.

Ob es auch zwischen verschiedenen Viren solche oder andere Wechselwirkungen gibt, ist hingegen kaum untersucht. Es gebe aber ein paar Beobachtungen, die dafür sprechen, schreiben die Forscherinnen und Forscher um Pablo Murcia von der University of Glasgow in ihrer soeben erschienenen Studie. So gibt es etwa während einer Grippewelle oft deutlich weniger harmlose Erkältungskrankheiten wie Schnupfen. Gleichzeitig scheinen viele solcher harmloser Krankheitsfälle die Ausbreitung von Influenzaviren zu bremsen.

Viel Grippe, wenig Schnupfen

Ob es tatsächlich eine Interaktion zwischen elf weit verbreiteten Virenstämmen gibt, hat das Team um Murcia nun auf der Basis eines großen Datensatzes untersucht: 44.230 Krankheitsfälle bei 36.157 Patienten aus neun Jahren. Bei manchen Betroffenen war mehr als ein Virus gleichzeitig aktiv. Mit Hilfe von mathematischen Simulationen wurde die Wechselwirkung von jeweils zwei Virusstämmen analysiert.

Eine war laut den Forschern besonders augenfällig, nämlich zwischen Influenzaviren vom Typ A und Rhinoviren, also zwischen echter Grippe und harmlosen Schnupfen: „Wenn gerade viele Grippeviren in der Bevölkerung aktiv sind, sind eher wenige Rhinoviren unterwegs und umgekehrt“, erklärte Murcia gegenüber science.ORF.at.

Auf individueller Ebene bedeute das: Menschen, die bereits an Influenza A erkrankt sind, haben ein deutlich geringeres Risiko, sich noch mit Schnupfen anzustecken und umgekehrt.

Konkurrenz um Zellen

Ob der Zusammenhang wirklich kausal ist, lässt sich anhand der Daten nicht beurteilen, so Murcia. Frühere Studien an Tiermodellen hätten aber gezeigt, dass Grippeinfektionen eine nachfolgende Ansteckung mit Rhinoviren verhindern konnten. Umgekehrt war dieser Schutz nicht gegeben, aber zumindest war der Schweregrad der Grippe nach einem Schnupfen etwas geringer.

Für den kurzfristigen Infektionsschutz gibt es mehrere mögliche Erklärungen, schreiben die Autoren: Womöglich kämpfen die Viren um dieselben Ressourcen bzw. Zellen in den Atemwegen. Es könnte aber sein, dass die von einem Virus ausgelöste Immunreaktion auch vor dem anderen Virus schützt. Welche physiologischen Mechanismen wirklich dahinter stecken, wollen die Forscher in weiteren Studien untersuchen. Davon versprechen sie sich auch nützliche Kenntnisse, etwa wie man die Ausbreitung von Grippe und grippalen Infekten besser vorhersagen oder kontrollieren könnte.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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