Warum weniger Autofahren schwerfällt
„Geschwindigkeit kostet viel Geld“, umreißt Michael Praschl ein Grundproblem unseres Lebensstils - das gilt für jede Art der Mobilität. Beim Autoverkehr würde eine Verlangsamung bedeuten: kleinere Motoren, mehr Sicherheit und Fahrzeuge wie Infrastruktur würden länger halten. Für das Klima wäre es natürlich auch gut. „Und Mobilität würde auf jeden Fall leistbarer, was die Autofahrerclubs immer wieder fordern“, so Praschl.
Dennoch sind solche sinnvollen Ansätze schwer umzusetzen. Das sei keine Frage von Argumenten. Der Wirtschaftswissenschaftler hat sich auf die psychologischen Motive spezialisiert, die Menschen im Zusammenhang mit Mobilität antreiben. Vernunft im Sinne von Sicherheit und Ökologie ist dabei kein starkes Motiv, besonders das Auto sei sehr emotional besetzt.
Vernunft fällt schwer
Beispielsweise können die meisten Autos viel schneller fahren, als es erlaubt und möglich ist. Eine technische Beschränkung zu fordern, ruft jedoch sofort die Lobbys mit wirtschaftlichen Argumenten auf den Plan. Noch mehr erregen sich dann die „mündigen Autofahrer“, weiß der Experte aus Erfahrung. Vernünftige Argumente gingen hier Hand in Hand mit Shitstorm-Garantie. Das Motto „Freie Fahrt für freie Bürger“ mag aus der Wirtschaftswunder-Epoche stammen, vielen gelte es dennoch als ungeschriebenes Gesetz, auch wenn die Realität von zähflüssigem Verkehr bestimmt ist.
Ö1-Sendungshinweis
Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 13.1. um 13:55
„Ein Tempolimit von 110 auf Autobahnen und 90 auf Bundessstraßen würde viel bringen, wird aber sofort auf massiven Widerstand stoßen, denn die Kraft des Autos wird als eigene Kraft empfunden. Wenn jetzt ein Politiker sagt, wir wollen deine Kraft limitieren, wird das als Angriff auf Persönlichkeit interpretiert“, erklärt Praschl. Es helfe auch nicht, vernünftige Selbstbeschränkung zu fordern, weil nie alle vernünftig sind: „Der einzelne tut sich immer schwer, wenn er sagt, ich fahr 110, und alle anderen fahren schneller, der fühlt sich als der Unterlegene, der dauernd überholt wird.“
Vorschriften statt Vernunft
Besser als Vernunft wirken Vorschriften. Es darf aber nicht so aussehen, dass es „die da oben“ sind, die beschränken, sondern es müsse klar sein, dass sich alle gemeinsam einschränken. Das braucht seine Zeit, erläutert Motivforscher Praschl. Zu viel Druck wäre kontraproduktiv - man denke an die Proteste der Gelbwesten in Frankreich.
Emotionale Beweggründe sind wichtig, rationale freilich ebenso. Aber meist sind praktische Faktoren viel zwingender als komplexe Argumentationen. In der Stadt verliert das Auto an Reiz, wenn das Parken komplizierter wird. Am Land sprechen Defizite bei den öffentlichen Verkehrsmitteln immer noch fürs eigene Auto. „Erst wenn sich das ändert, kann man am Land Autofahrer zum Umsteigen bringen“, so Michael Praschl – das Klima jedenfalls ist für die meisten ein nachgeordnetes Argument.
Aber wie sollen Entscheidungsträger dann agieren? In Zukunft sollten wirksame Maßnahmen, die für alle gelten, in die Wege geleitet werden, meint Praschl. Die Bevölkerung müsse darauf vorbereitet werden. Dadurch steigt die Akzeptanz: „Also, man müsste kommunizieren, warum sind Tempolimits wichtig, warum bringt uns das viel.“ Angesichts des dringenden Handlungsbedarfs erscheine das wenig, aber Politik ist immer an Akzeptanz gebunden, betont der Psychologe, sonst bewirkt sie gar nichts.
Paul Lohberger, Ö1-Wissenschaft