Was das Immunsystem mit Alzheimer zu tun hat

Immunzellen, die den Körper eigentlich schützen sollen, könnten im Gehirn Schäden anrichten – und Krankheiten wie Alzheimer antreiben. Das zeigt eine Studie im Fachjournal „Nature“.

CD8 T-Zellen sind Teil des erworbenen Immunsystems, also jenes Teils der körpereigenen Abwehr, der im Laufe des Lebens durch die Auseinandersetzung mit Krankheitserregern aller Art ständig weiterentwickelt wird. Sie geben Moleküle in ihre Umgebung ab, die Entzündungen anstoßen bzw. den Zelltod einleiten. Eigentlich ist es ihre Aufgabe, gegen mit Viren infizierte Zellen oder Krebszellen vorzugehen.

Undichte Blut-Hirn-Schranke

Der Gedanke, dass das Immunsystem auch eine Rolle im Gehirn spielen kann, werde in der Wissenschaft erst seit rund zehn Jahren intensiver verfolgt. „Dass es sogar einen massiven Einfluss haben kann, wird zunehmend klarer. Man sieht, die Blut-Hirn-Schranke ist nicht immer hundertprozentig dicht. Insbesondere bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer ist sie zum Teil offen oder etwas durchlässiger. Zudem finden Blutzellen wie die CD8 T-Zellen den Weg ins Gehirn über die Gehirnflüssigkeit, dem sogenannten Liquor“, erklärte der an der Publikation beteiligte Salzburger Neurowissenschafter Ludwig Aigner im Gespräch mit der APA.

Immunwaffe im Gehirn „entsichert“

Das Team um Tony Wyss-Coray und David Gate von der Stanford University (USA) fand nun heraus, dass ein Untertyp dieser CD8 T-Zellen bei Patienten mit Alzheimer häufiger auftritt. „Es deutet alles darauf hin, dass diese Zellen anscheinend außerhalb des Gehirns aktiviert, also scharf gemacht werden. Im Gehirn angekommen, werden sie ‚entsichert‘ und erhalten die ‚Lizenz zum Töten‘“, so Aigner. Offenbar besonders aktiv sind sie im Hippocampus, jener Region des Gehirns, die für das Erinnern zentral ist. Eine Rolle in dem Prozess des Schaftmachens der CD8 T-Zellen dürfte auch der Auslöser des Pfeifferschen Drüsenfiebers, das Epstein-Barr-Virus, spielen.

„Uns interessiert die Frage, was diese Zellen im Gehirn eigentlich tun und, ob sie die Neuropathologie tatsächlich befördern“, sagte Aigner. „Es ist anzunehmen, dass sie dort Neuronen zerstören, aber wir wissen es noch nicht.“

science.ORF.at/APA

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