Loben ist besser als Schimpfen

Wenn es um die Mitarbeit im Klassenzimmer geht, ist Loben wirksamer als Schimpfen. Das zeigt eine dreijährige US-Studie, bei der mehr als 2.500 Schülerinnen und Schüler im Alter von fünf bis zwölf Jahren beobachtet wurden.

Die Zeiten der „schwarzen Pädagogik“ sind zum Glück längst vorbei. Dass es besser ist, Kinder zu loben als zu bestrafen, ist heute Konsens. Dennoch warnen manche vor einem Zuviel des Guten. Denn wenn ständig gelobt wird, sei das Lob nichts mehr wert und verliere an Bedeutung. Außerdem sollte es angemessen sein, ein unrealistisches Selbstbild könnte später sogar viel Stress verursachen. Außerdem - wie manche Pädagogen meinen - seien Kritik und Fehler genauso wichtig für den Lernprozess.

Die neue Studie der Forscherinnen und Forscher um Paul Caldarella von der Brigham Young University legt allerdings nahe, dass immer noch zu wenig gelobt wird, zumindest wenn es um die Mitarbeit in US-amerikanischen Volksschulen geht. Das Team hat drei Jahre lang den Unterricht in 19 Volksschulen in Missouri, Tennessee und Utah beobachtet. Das waren insgesamt 151 Schulklassen mit 2.536 Schülerinnen und Schülern im Alter von fünf bis zwölf Jahren.

Volksschulkinder zeigen auf

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Mit Lob kann man Volkschulkinder zur Mitarbeit bewegen

In der Hälfte der Klasse sollten die Lehrerinnen und Lehrer einem speziellen Unterrichtskonzept folgen. Es soll das Verhalten positiv beeinflussen. Dabei werden die Kinder vorab informiert, welche sozialen Fertigkeiten und Verhaltensweisen im Unterricht erwünscht sind, z.B. Zuhören, wenn der Lehrer spricht; Aufzeigen, wenn man etwas zu sagen hat, und Ähnliches – also Dinge, die Kindern, die erst frisch in die Schule gekommen sind, bekanntermaßen oft besonders schwer fallen. Wenn sie sich an diese Regeln halten, gilt das nicht - wie meist üblich - als selbstverständlich, sondern sie werden bei dieser Methode auch dafür gelobt. Unangemessenem Sozialverhalten sollen die Pädagogen hingegen nicht zu viel Beachtung schenken. Die Vergleichsklassen wurden von ihren Lehrerinnen und Lehrern wie bisher behandelt.

Mehr Mitarbeit

Äußere Beobachter zählten in beiden Fällen Lobe sowie Verweise. Als Lob gezählt wurden ausschließlich konkrete positive Bemerkungen zum Verhalten und nicht für die Leistung, wie z.B. „Das hat die ganze Klasse sehr gut gemacht, ihr habt die Anweisungen befolgt und euch leise in einer Reihe aufgestellt.“ Vages Lob wie „Toll!“ oder „Danke!“ wurde nicht erfasst. Als Verweis galten alle konkreten negativen Aussagen, Schimpfen und Drohungen wie „Kevin, ich hab dir gesagt, du sollst aufhören Papier zu werfen!“ Unkonkrete Bemerkungen oder Blicke zählten auch hier nicht.

Am Ende wurde das Verhältnis von Loben zu Verweisen ausgerechnet und wie sich das auf die Mitarbeit auswirkt. Fazit: Je mehr gelobt wurde, umso besser passten die Schülerinnen und Schüler auf. In Klassen, in denen vor allem gelobt und fast nicht getadelt wurde, war die Mitarbeit um fast 30 Prozent höher, als wenn nur sehr selten gelobt bzw. vor allem getadelt wurde.

Das Lob ist demnach ein probates Mittel, um erwünschte Verhaltensweisen im Unterricht zu verstärken. Laut den Forschern könnte das besonders jenen Kindern zugutekommen, die sich manchmal auffällig verhalten, oder solchen, die Schwierigkeiten beim Lernen haben. Denn frühere Studien hätten bereits gezeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Mitarbeit im Unterricht und den Leistungen gibt. Auf diesem Weg könnten das Lob letztlich auch zu besseren Noten führen. „Jeder wird gern für seine Bemühungen gelobt“, erklärt Caldarella in einer Aussendung, „es ist ein wichtiges Mittel, um das Selbstwertgefühl von Kindern zu fördern.“

Eva Obermüller, science.ORF.at

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