Lavendel ist Arzneipflanze des Jahres

Lavendel ist von der Herbal Medicinal Products Platform Austria (HMPPA) zur Arzneipflanze des Jahres 2020 gekürt worden. Der echte Lavendel wird wegen seiner angstlösenden Eigenschaften geschätzt, der Speik-Lavendel, kann bei Schnupfen Linderung verschaffen.

„Der zur Pflanzenfamilie der Lippenblütler gehörende Lavendel ist als Zier- und Aromapflanze sehr bekannt. Oft sieht man ihn auf südfranzösischen Postkarten“, sagt Chlodwig Franz, Vizepräsident der HMPPA. Während dieser sogenannte Hybridlavendel jedoch vorwiegend als Massenware für die Kosmetikindustrie dient, interessiere heutzutage aus medizinischer Perspektive der echte und Speik-Lavendel. Bereits seit der Antike lindert Lavendel das Leid der Menschen. „Bei den Griechen wurde er gegen Kopfschmerz und Melancholie eingesetzt. Bei den Römern war er ein Badezusatz und Stimmungsaufheller“, erklärt Brigitte Kopp, Vizepräsidentin der HMPPA.

Echter Lavendel auf einem Feld in Frankreich

AFP/Samantha DUBOIS

Echter Lavendel auf einem Feld in Frankreich

Aus heutiger wissenschaftlicher Perspektive ist die Anwendung in der Antike durchaus gerechtfertigt. So habe sich ein aktuelles orales Lavendelölpräparat in mehreren Studien als nachweislich angstlösend erwiesen. In Westeuropa stellen Angststörungen die am weitesten verbreiteten psychiatrischen Erkrankungen dar. „In der Europäischen Union erkranken innerhalb eines Jahres etwa 14 Prozent daran, gefolgt von Schlaflosigkeit und Depressionen mit jeweils rund sieben Prozent“, sagt Siegfried Kasper vom Zentrum für Hirnforschung der Universität Wien.

Kaum Nebenwirkungen

„Viele Angsterkrankungen werden heutzutage aufgrund mehr oder weniger gravierender Nebenwirkungen nicht adäquat behandelt“, so Kasper. Es kommen vorwiegend Antidepressiva, Neuroleptika oder Benzodiapezine zum Einsatz. Das Lavendelölpräparat habe jedoch abgesehen von leichtem Aufstoßen kaum unerwünschte Begleiterscheinungen, erklärte der Hirnforscher. Neben der angstlösenden Wirkung weisen diverse Studienergebnisse darauf hin, dass zudem Unruhezustände, Depressionen, Schlafstörungen und somatische Beschwerden gelindert werden.

Die Speik-Lavendel kommt dagegen im Kampf gegen „banalen Schnupfen“ zum Einsatz, wie Daniel Dejaco von der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde an der Medizinischen Universität Innsbruck sagte. Während herkömmliche Behandlungsmethoden wie Nasenduschen gewöhnungsbedürftig seien und Grippemittel Nebenwirkungen aufweisen und zudem als Dopingmittel gelistet wären, würden aus Speik-Lavendel hergestellte Arzneien ebenfalls wirken, aber weniger unerwünschte Begleiterscheinungen mitbringen.

Im Vorjahr wurde die Edelweiß zur Arzneipflanze des Jahres gekürt. Vor zwei Jahren ging der Titel an Cannabis. Als Kriterien für die Auswahl fungieren für die HMPPA etwa, dass die Pflanze einen Bezug zu Österreich aufweist, von erhöhtem wissenschaftlichem Interesse ist und eine wirtschaftliche Rolle spielt.

science.ORF.at/APA

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