Schnelltest für schwere Erkrankungen

Manche Infektionen und Entzündungen werden rasch eine Frage von Leben und Tod. Forscher entwickeln nun einen Schnelltest, der aus einer Blutprobe in weniger als zwei Stunden Erkrankungen wie Meningitis, Lungenentzündung, Sepsis und Tuberkulose erkennen soll.

Steigt die Körpertemperatur über 38 Grad Celsius, spricht man von Fieber. Meist ist der Körper dann mit der Abwehr von gewöhnlichen Virusinfektionen wie Erkältungen und Grippe, Magen-Darm-Infekten oder einer Entzündung beschäftigt. Symptome wie hohes Fieber und ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl können aber auch Anzeichen für eine Reihe gefährlicher Entzündungs- und Infektionskrankheiten darstellen, führt Werner Zenz von der Klinischen Abteilung für Allgemeine Pädiatrie der Med-Uni Graz aus.

Das Fieber kann von gefährlichen Infekten wie Lungenentzündung oder einer Hirnhautentzündung (Meningitis) herrühren. Letztere betrifft zwar nur rund eine von 100.000 Personen, verläuft aber oftmals tödlich. Eine frühzeitige definitive Diagnose wäre lebensrettend, ist aber nicht immer möglich. „Eine Reihe von Blutuntersuchungen, Punktionen, MRT-, CT- und andere Untersuchungen sind oft nötig, um eine Krankheit diagnostizieren zu können“, erläutert Zenz, der auch Experte für Infektionskrankheiten in der Kinderheilkunde ist.

Das europäisches Konsortium, in dem Zenz und weitere Forscher der Med-Uni Graz mitarbeiten, will im Rahmen des Projekts DIAMONDS („Diagnosis and Management of Febrile Illness using RNA Personalised Molecular Signature Diagnosis“) eine verbesserte Diagnostik, die auf den Vergleich von Genmustern in den Blutproben beruht, entwickeln, teilt die Med-Uni in einer Aussendung mit. In Graz beschäftigen sich die Wissenschaftler um Zenz schon seit Jahren mit der Erforschung der genetischen Grundlagen von Infektionserkrankungen. Die europaweite Studie wird von Michael Levin vom Imperial College in London geleitet. Die EU unterstützt das Projekt in den nächsten fünf Jahren mit 22,5 Millionen Euro.

„Bibliothek von Gensignaturen“

In jeder Körperzelle sind je nach deren Zustand immer nur bestimmte Gene „eingeschaltet“, was sich im Profil der Genaktivität niederschlägt. „In früheren Untersuchungen wurde bereits festgestellt, dass jede Krankheit mit einem einzigartigen Muster von aktivierten Genen assoziiert ist und dadurch eine genetische Signatur in sich trägt“, erläutert Zenz. Solche Daten der RNA-Expression - sie stammten von Zellen aus Blutproben - stehen im Mittelpunkt des Interesses der Forscher. Mit ihrer Hilfe lasse sich beispielsweise erkennen, ob die Erkrankung von einer bakteriellen oder viralen Infektion oder einer Entzündung herrührt.

Aufbauend auf die vorangegangenen Projekte EUCLIDS und PERFORM will das Forschungsteam bereits in den nächsten zwei Jahren eine „Bibliothek von Gensignaturen“ von Infektions- und Entzündungskrankheiten aufbauen. Das Konsortium will dazu genetische Daten von Patienten - die in den vorausgegangenen und der künftigen Kohortenstudie gesammelt werden - verwenden, um die Diagnose schneller und sicherer zu machen.

Treffsichere Behandlung

Auch wenn Kinder Fieber bekommen, ist oft nicht klar, ob es sich um einen harmlosen Infekt, eine gefährliche Infektion oder schwere Entzündung handelt. An der Medizinischen Universität Graz werden unter der Leitung von Zenz dafür ebenfalls hochselektiv Proben gesammelt und die Sequenzierung von 2.000 Blutproben durchgeführt. Gelagert werden die Blutproben in der Biobank der Med-Uni Graz, die Auswertung erfolgt in England, wie Zenz schilderte.

„In drei Jahren soll innerhalb des Projekts an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Graz und in sieben weiteren europäischen Zentren eine klinische Studie stattfinden, die untersucht, ob der neue Schnelltest die Versorgung der erkrankten Kinder verbessern kann“, blickt Werner Zenz in die Zukunft. Funktioniert die Methode so, wie es sich die Forscher vorstellen, dürfte das auch den fiebernden kleinen Patienten künftig unnötige antibiotische Therapien und unangenehme diagnostische Maßnahmen ersparen.

science.ORF.at/APA

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