Klimawandel macht Insekten hungriger

Hitze, Dürre und andere Merkmale der Klimaerwärmung bedrohen die Landwirtschaft nicht nur direkt. Laut einer neuen Studie werden dadurch auch schädliche Insekten hungriger – und das gefährdet die Erträge von Reis, Mais und Weizen.

Die durch Schädlinge verursachten Ertragsausfälle könnten bei diesen Pflanzen mit jedem Grad Erderwärmung um bis zu ein Viertel steigen, so die Berechnungen einer Gruppe um den Biologen Curtis Deutsch von der Washington University.

Denn wenn es heißer wird, pflanzen sich die Insekten schneller fort. Und auch ihr Stoffwechsel ändert sich, sie werden hungriger und vernichten deshalb mehr Getreide.

Vor allem der Weizen ist bedroht, denn er wird hauptsächlich in gemäßigten Klimazonen, also etwa in Mitteleuropa, angebaut. Hier profitieren Insekten besonders von den erhöhten Temperaturen. In den Tropen, wo verstärkt Reis angebaut wird, herrscht dagegen bereits jetzt für Insekten die optimale Temperatur zur Fortpflanzung. Die Ernteausfälle werden dort in Zukunft daher weniger drastisch steigen.

Ernteausfälle bis zu 46 Prozent

Wird die Erde bis Ende des Jahrhunderts im Schnitt um zwei Grad wärmer als vor Beginn der Industrialisierung, könnten die Insekten aber um bis zu 46 Prozent mehr Weizen zerstören als heute. Und das ist noch das optimistische Szenario im Rahmen der Ziele des Pariser Klimaabkommens – die Erwärmung könnte noch weit stärker ausfallen und damit die Ernteschäden vergrößern.

Laut den Vereinten Nationen waren im Jahr 2016 über 800 Millionen Menschen weltweit nicht ausreichend ernährt. Reis, Mais und Weizen sind Grundlage für 42 Prozent der gesamten Ernährung der Welt. Wenn die Landwirtschaft nicht rechtzeitig reagiert, könnte das Getreide also knapp werden und Hungerkrisen könnten sich weiter verschärfen.

Weniger Monokulturen

Eine mögliche Konsequenz wäre ein erhöhter Einsatz von Schädlingsbekämpfern, inklusive der negativen Folgen für die Umwelt. Es gebe aber auch Alternativen, so der Agrarökologe Teja Tscharntke von der Universität Göttingen, der nicht an der Studie beteiligt war. Man müsse die Bepflanzung an die veränderten Bedingungen anpassen.

„Man wird Sorten entwickeln müssen, die stabiler sind und Fruchtfolgen diversifizieren, um so größere Widerstandsfähigkeit gegen die Klimaänderung zu erreichen“, so Tscharntke gegenüber science.ORF.at. Dann wäre es auch nicht notwendig, mehr Pflanzenschutzmittel einzusetzen, gegen die die Schädlinge oft Resistenzen entwickeln.

Auch die Landschaft rund um Anbauflächen sollte wieder vielfältiger werden – das bedeutet weniger Monokulturen und mehr Blumenwiesen. Dort können nämlich auch die natürlichen Feinde von Schädlingen, in vielen Fällen selbst Insekten, besser überleben, so der Ökologe.

Übrigens: Einen Widerspruch zu einer im Vorjahr erschienenen Studie, wonach die Zahl der Insekten in Deutschland in den vergangenen 27 Jahren drastisch geschrumpft ist, sieht Tscharntke nicht. Dies sei ebenfalls Resultat einer industrialisierten Landwirtschaft mit ihren Monokulturen.

Julia Geistberger, Lukas Wieselberg, science.ORF.at

Mehr zu dem Thema