Hommage an einen Umtriebigen

Forscher, Vielschreiber, Fußballfan: Der österreichische Germanist Wendelin Schmidt-Dengler war eine schillernde Persönlichkeit. Eine Online-Ausstellung versucht seinen Facettenreichtum in Bild, Text und Ton einzufangen.

Zehn Jahre ist es mittlerweile her, dass der Doyen des österreichischen Literaturbetriebs überraschend verstorben ist. Aus diesem Anlass hat das Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek Zeitungsartikel, Briefe, Fotos und Postkarten aus dem Nachlass zusammengetragen - und sie zu einem Charakterprofil montiert.

Allein der Titel ist schon ein sprechender: „An meine Völker und Volker!“ heißt die Schau, die Anrede stammt aus Schmidt-Denglers zurückgelassenen Notizen und verquickt auf typisch humorvolle Weise eine berühmte Sentenz Franz Josephs mit dem Literaturarchiv, genauer: mit dem stellvertretenden Leiter desselben, Volker Kaukoreit.

Postkarte von Wendelin Schmidt-Dengler aus Rio an das Literaturarchiv

ONB / Literaturarchiv

In der Online-Ausstellung befinden sich einige Gustostückerl, unter anderem ein Ausschnitt aus seiner Rede über das Mordmotiv in der Literatur: Das „Namensregister der Weltliteratur von Medea bis Macbeth“, sagte Schmidt-Dengler bei einem Symposion 1994, könne man ohne Probleme auch als „Verbecherkartei“ lesen. Online zu sehen ist auch eine Postkarte, verschickt 1999 aus Rio mit dem Hinweis, er sei kürzlich auf der Copacabana ausgeraubt worden, Einzeichnung des Tatorts inklusive. Fazit: „Verlust gering, Laune bestens.“

Wendelin Schmidt-Dengler (1942-2008) war Leiter des Literaturarchivs, Vorstand des Instituts für Germanistik der Universität Wien sowie Österreichs „Wissenschaftler des Jahres“ 2007.

Robert Czepel, science.ORF.at

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