Wie der Mond den Schlaf beeinflusst

Viele Menschen glauben an einen Einfluss des Mondes. Sie klagen etwa darüber, bei Vollmond schlechter zu schlafen. Aber wie kommt das zustande? Ein Überblick über die Studienlage zeigt: Der Zusammenhang von Mond und Schlaf ist eher psychisch als körperlich.

Es gibt aber auch Ausnahmen: Einem Team der Universität Basel gelang im Jahr 2013 eine mittlere Sensation - eine im Schlaflabor an über 30 Testpersonen durchgeführte Studie wies damals einen Zusammenhang zwischen dem Vollmond und der Qualität des Schlafes der Probanden und Probandinnen nach. Die untersuchten Personen hatten demnach in Vollmondnächten weniger Tiefschlafphasen, davor brauchten sie im Schnitt fünf Minuten länger zum Einschlafen und schliefen insgesamt 20 Minuten kürzer.

Ein Drittel leidet unter Vollmond

Schlaf und Mond: Das ist aber nicht erst seit dieser Studie ein Thema. „Bis zu einem Drittel der Menschen geben in Befragungen an, dass sie bei Vollmond schlecht schlafen,“ sagt Gerhard Klösch vom Schlaflabor des AKH Wien. Er beschäftigt sich seit gut 30 Jahren mit der Materie, im Zeitraum 2003/2004 hat er sich – als einer der ersten in Europa – mit dem Thema Schlafqualität vor dem Hintergrund der Mondphasen erstmals im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie auseinandergesetzt.

„Wir haben damals auf einen Pool von rund 200 Personen in ganz Europa zurückgreifen können, die über mehrere Wochen Aufzeichnungen über die Qualität ihres Schlafes gemacht haben.“ Die Ergebnisse überraschten schlussendlich: „Wir konnten sehen, dass ca. 25 Prozent der Befragten die Vollmondnächte als die besten bezeichnet haben und nur ca. zehn Prozent als die schlechtesten.“

Aufnahme der Gehirnwellen einer Probandin im Schlaflabor

Hemma Marlene Prainsack, ORF

Aufnahme der Gehirnwellen einer Probandin im Schlaflabor

TV-Sendungshinweis

Am 18. Juli um 21:05 Uhr in ORF2 wird die neue „Menschen&Mächte“- Dokumentation „Mondmagie. Unser Leben im Bann des Mondes“ ausgestrahlt. Dabei werden verbreitete Mondmythen genauer unter die Lupe genommen (Trailer).

Dieser Veröffentlichung folgten weitere Studien, die keinen Einfluss des Mondes nachweisen konnten – etwa aus München. Am Max-Planck-Institut für Psychiatrie griffen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen im Jahr 2014 auf einen bereits zu einem früheren Zeitpunkt angelegten Datensatz zurück. Diese Informationen über den Schlaf zahlreicher Personen wurden im Lichte der Mondphasen erneut ausgewertet. „Wir konnten keinen statistisch belegbaren Zusammenhang zwischen menschlichem Schlaf und den Mondphasen aufzeigen“, sagte Martin Dresler, Neurowissenschaftler am Max-Planck-Institut, nach Ende der Untersuchung.

Überschätzung des Mondes

„Über Jahre hindurch war das Thema Vollmond nicht präsent in der wissenschaftlichen Forschung“, erinnert sich Gerhard Klösch. Das habe sich in den letzten Jahren geändert, die Studienergebnisse aus ganz Europa würden aber große Unterschiede aufweisen. „Hier dürfte wahrscheinlich eine sehr große Bandbreite an psychologischen Phänomenen eher eine Rolle spielen als physiologische Phänomene“, analysiert Klösch.

In Betracht kommen dabei Phänomene wie die selektive Wahrnehmung, die selbsterfüllende Prophezeiung oder der sogenannte Rückschaufehler sein. All diesen psychologischen Gründen gemein ist eine Überschätzung des Mondes – die betroffenen Personen trauen ihm eine Wirkkraft zu, die sich etwa physikalisch nicht erklären lässt.

Der Studienleiter der Schweizer Studie, Christian Cajochen, führt den sogenannten „circalunaren Rhythmus“ als möglichen Grund für den Einfluss des Mondes an: ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten, als der Mond vermutlich einige Verhaltensmuster des Menschen beeinflusst hat. Vergleichbar mit der Reproduktion bestimmter Tiere, etwa Korallen, bei denen sich ein Mond-Einfluss bis heute nachweisen lässt.

Eine Probandin im Schlaflabor

Hemma Marlene Prainsack, ORF

Eine Probandin im Schlaflabor

Noch vieles unklar

Das Licht des Mondscheins taugt, physikalisch betrachtet, nicht als alleiniger Grund für Schlaflosigkeit: „Der Vollmond ist vergleichsweise lichtschwach, ungefähr eine Million Mal lichtschwächer als die Sonne“, sagt Astrophysiker Stefan Uttenthaler. „Das Mondlicht ist nichts anderes als reflektiertes Sonnenlicht. Auch im Vergleich zur künstlichen Beleuchtung heutzutage ist das Mondlicht schwach.“

Die Frage nach dem Grund für den verschlechterten Schlaf vieler Menschen bei Vollmond wird die Wissenschaft weiter beschäftigen. „Wir nehmen die Angaben, die befragte Personen machen, sehr ernst, für uns ist das kein Humbug. Aber wir kennen heute die Gründe hierfür nicht. Wir müssen auch ehrlich zugestehen, dass uns das Instrumentarium fehlt, um diese Frage letztgültig zu klären“, sagt Gerhard Klösch.

Gregor Stuhlpfarrer, Menschen&Mächte

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