Die Erste Republik in Bildern
Das Jahr 1918 markierte einen historischen Meilenstein in der Neuordnung Europas. An die Stelle von Monarchien rückten demokratisch organisierte Republiken, so auch in Österreich. Ab November 1918 wurden zahlreiche historische Errungenschaften erkämpft: darunter die Presse- und Versammlungsfreiheit, das Frauenwahlrecht, der Achtstundentag.
Ein Newcomer fotografiert Geschichte
Die Erste Republik hatte nur 15 Jahre Bestand. Als ihr Geburtstag gilt der 12. November 1918. Die Erste Republik wurde damals noch Deutschösterreich genannt. Einen Tag zuvor hatte Kaiser Karl I. auf „jeden Anteil an den Staatsgeschäften“ verzichtet. Nun feierten 250.000 bis 300.000 Menschen vor dem Parlament. Hauffe drückte auf den Auslöser seines Fotoapparats – eine Aufnahme, die in die Geschichte einging.
Richard Hauffe/Wien Museum
Veranstaltungshinweis
Die Ausstellung „Die erkämpfte Republik, 1918/19 in Fotografien“ im Wien Museum Karlsplatz ist bis zum 3. Februar 2019 zu sehen. Das gleichnamige Buch zur Ausstellung, verfasst von Anton Holzer, ist im Residenz Verlag erschienen.
„Das war ein unglaublich freudiges Ereignis. Die Leute haben gejubelt. Man muss sich vorstellen, die Leute sind durch die Straßen gezogen“, sagte der Fotohistoriker Anton Holzer.
„Hoch die Republik“ und „Nieder mit Habsburg“ tönte es auf den Straßen Wiens. „Das war ein Umschlagpunkt in der Geschichte wie man ihn kein zweites Mal erlebt“, so Holzer. Er ist der Kurator der Ausstellung „Die erkämpfte Republik“ im Wien Museum. Er hatte im Archiv des Museums die Originalfotografien von Hauffe entdeckt und hat sie nunmehr für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Richard Hauffe/Wien Museum
Im Rückblick erweist sich Hauffe als der wohl wichtigste fotografische Chronist der Anfangsjahre der Ersten Republik. Er fotografierte das verwaiste kaiserliche Domizil. Er schoss das erste Foto der neuen republikanischen Regierung unter dem Sozialdemokraten Karl Renner in ihren Amtsräumen. Er hielt Massenproteste und gewalttätige politische Auseinandersetzungen auf den Straßen Wiens fest. Wie damals üblich, wurden seine Fotos ohne den Namen des Autors veröffentlicht. „Er war damals ein Newcomer. Er war höchst erfolgreich, hat seine Bilder unglaublich gut in die Presse bringen können – er hat alle Wochenillustrierten beliefert“, sagte Kurator Holzer.
Hungerproteste
Neben den Originalfotografien von Hauffe sind im Wien Museum die Titelseiten dieser Wochenzeitungen zu sehen sowie die Arbeiten anderer Fotojournalisten, erste Wahlplakate und kurze Filmaufnahmen aus dem ersten Lebensjahr der Republik. Die politischen Umwälzungen sind dabei eng mit dem Alltag der Bevölkerung verknüpft. Er war von Elend und Hunger geprägt. „Man sieht immer wieder und sehr viel Rauch in der Luft, und aus den Tagebuchaufzeichnungen von Zeitgenossen wird deutlich, wieso. Die Leute haben viel geraucht, weil sie nichts zu essen hatten“, erklärte Holzer.
ÖNB / ANNO / Wien Museum
Die Folge: Die Erste Republik stand in den ersten zwölf Monaten ihres Bestehens gleich mehrfach auf der Kippe. Und der Antisemitismus war im Aufwind. Die deutschsprachigen jüdischen Flüchtlinge aus den ehemaligen Kronländern wurden zu Sündenböcken gemacht. Auch das hielt Hauffe fest. Er starb 1933 – in dem Jahr, in dem auch die erst vor Kurzem erkämpfte demokratische Ordnung der Ersten Republik endete.
Tanja Malle, Ö1-Wissenschaft