„Neue Seidenstraße“ bedroht Ökosysteme
Die Wissenschaftler, darunter auch Experten von Chinas Akademie der Wissenschaften, fordern einen besseren Artenschutz und einen Sonderfonds, um die „Belt and Road“ genannte Initiative (BRI) auch ökologisch verträglich zu machen. „Wir schlagen die Einführung eines Projekts vor, das auf frühe Vorbeugung, schnelle Reaktion und wirksame Kontrolle fremder Arten in BRI-Ländern abzielt, um sicherzustellen, dass die Entwicklung nachhaltig ist.“
Liu et al./Current Biology
In schätzungsweise 15 Prozent der von der Handelsinitiative betroffenen Gebiete sei es sehr wahrscheinlich, dass neue Wirbeltiere eingeschleppt werden, warnen die Forscher. In mehr als zwei Drittel der Länder sei überdies damit zu rechnen, dass sich eingeschleppte Arten zuhause fühlen.
Artenvielfalt bedroht
Der massive Ausbau der Infrastruktur und der größere Handel und Transport entlang der „neuen Seidenstraße“ dürften die Invasion fremder Arten beschleunigen, die als eine der größten Bedrohungen für die Biodiversität durch Menschenhand gilt, heißt es in der Studie im Fachblatt „Current Biology“.
Um die Gefahren einzuschätzen, identifizierten die Forscher weltweit 14 sogenannte Invasions-Brennpunkte, wo Einschleppung und Ansiedlung von Arten besonders leicht seien. Viele lägen entlang der sechs vorgeschlagenen Wirtschaftskorridore der „neuen Seidenstraße“.
Die Autoren sehen ihre Studie als Anfangspunkt für zukünftige Risikoabschätzungen und fordern konkrete Maßnahmen ein: Es brauche eine strengere Aufsicht über fremde Tiere und Pflanzen, wie auch für Güter und Fahrzeuge. Dies gelte für Flughäfen, Seehäfen sowie für Transportwege auf den Kontinenten. Da viele BRI-Länder nur bedingt Geldmittel zur Verfügung hätten, könne ein Sonderfonds helfen, um die Maßnahmen zu unterstützen.
Yiming Li
Umstrittene Initiative
Chinas geostrategische Initiative ist sehr umstritten. Viele ärmere Länder erhoffen sich Investitionen und den Ausbau ihrer Infrastruktur mit chinesischer Finanzhilfe. Doch viele überschulden sich auch und müssen China den Betrieb und die Einnahmen aus den Projekten überlassen. Sri Lanka und die Malediven sind einige Beispiele. Ein Umdenken hat begonnen - so etwa in Pakistan und Malaysia. So hat der neue malaysische Ministerpräsident Mahathir Mohamad von der Vorgängerregierung mit chinesischer Hilfe initiierte Milliardenprojekte gestoppt, weil er eine Überschuldung fürchtete.
Die Infrastrukturvorhaben stoßen auch auf Widerstand, weil China meist eigene Unternehmen beauftragt und selbst die Arbeiter schickt. Die Initiative zielt auf Dutzende Länder in Asien, Afrika, Südamerika und Europa, vor allem im Osten. Häufig wird auch kritisiert, dass China damit seinen Einfluss ausbauen will. Nach 2017 ist im April ein zweiter Gipfel zur „Seidenstraße“ geplant, zu dem Staats- und Parteichef Xi Jinping ranghohe Politiker nach Peking eingeladen hat.
science.ORF.at/dpa