Geschmacksfrage: Die Zunge riecht mit

Für den Geschmack einer Speise ist auch ihr Geruch entscheidend. Wie genau das Zusammenspiel der Sinneswahrnehmungen funktioniert, ist jedoch nicht ganz klar. US-Forscher fanden jetzt einen neuen Hinweis: Sie entdeckten Geruchsrezeptoren auf der menschlichen Zunge.

Für die fünf Geschmacksrichtungen süß, salzig, sauer, bitter und umami, was sich in etwa mit „herzhaft“ umschreiben lässt, gibt es spezielle Geschmackszellen auf der Zunge. Und genau dort, in diesen Geschmackszellen, haben der Biochemiker Hakan Ozdener und seine Kollegen vom Monell Chemical Senses Center in Philadelphia nun auch Geruchsrezeptoren gefunden, die wie jene in der Nase aufgebaut sind.

Zwei Sinne in einer Zelle

Es sei einzigartig zeigen zu können, dass bestimmte Sinneszellen über einen weiteren sensorischen Mechanismus verfügten, so Ozdener gegenüber science.ORF.at. Das grundlegende Prinzip demonstrierten die Wissenschaftler in ihrer Studie, die in der Fachzeitschrift „Chemical Senses“ erschienen ist, zunächst an Mäusen, die genetisch verändert wurden.

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Dem Thema widmete sich auch ein Beitrag im Wissen Aktuell, 2.5., 13.55 Uhr.

In diesen Mäusen markierten die Biochemiker jene Gene, die für den Riechmechanismus zuständig sind. Grüne Fluoreszenz zeigte die Aktivität der Geruchsrezeptoren an. Bei den Mäusen leuchteten folglich nicht nur die Riechzellen in der Nase, sondern auch Teile der Geschmackszellen in der Zunge grün auf.

Ein Ergebnis, das die Wissenschaftler überraschte. Denn bisher ging man davon aus, dass Geschmack und Aromen mit Zunge und Nase getrennt wahrgenommen und erst im Gehirn als Information zusammengefügt würden. Den neuen Erkenntnissen folgend könnte das schon im Mund passieren.

Gesünderes Essen durch besseren Duft

„Wir haben mehr als 400 verschiedene Geruchsrezeptoren in den Geschmackszellen der Zunge gefunden, die wir eigentlich nur in der Nase vermutet hätten“, so Ozdener. In einem weiteren Experiment konnten die Biochemiker außerdem zeigen, dass diese Geruchsrezeptoren auch arbeiten und die Geschmackszellen in der Zunge, zumindest in der Petrischale, auf geschmacklose Duftstoffe reagieren.

Ozdener ist überzeugt, dass man diesen Mechanismus zukünftig nutzen werde, um industrielle Fertigprodukte gesünder zu machen. Würden die richtigen Aromen zugesetzt, könne man den Zucker-, Salz- und Fettgehalt in industriell gefertigten Lebensmitteln stark verringern, meint der Biochemiker. Gesündere Lebensmittel würden dann immer noch intensiv schmecken.

Marlene Nowotny, Ö1-Wissenschaft

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