KI erkennt Hirntumoren

Um gefährliche Wucherungen im Körper beurteilen zu können, brauchen Mediziner jahrelange Erfahrung. Ein Computerprogramm könnte ihnen in Zukunft behilflich sein. Erste Praxistests zeigen: Mensch und Künstliche Intelligenz (KI) sind bei der Diagnose ebenbürtig.

Weltweit 15 Millionen Menschen erkranken jedes Jahr an Krebs, rund 80 Prozent davon unterziehen sich einer Operation. Das übliche Procedere, das sich dann anschließt, ist bestens erprobt - aber auch zeitaufwändig. Zunächst wird per Biopsie eine Gewebsprobe aus dem betroffenen Organ entnommen, dann stellen spezialisierte Medizintechniker dünne Gewebsschnitte her, die wiederum den Pathologen und Pathologinnen zur Diagnose vorgelegt werden.

Schneller als der Mensch

Zu erkennen, ob eine Wucherung bösartig ist und um welchen Krebstypus es sich handelt, ist keine triviale Angelegenheit. Dafür braucht es neben dem medizinischen Rüstzeug auch jahrelange Erfahrung - sofern überhaupt jemand da ist, diese Aufgabe zu bewältigen. Denn in der Pathologie mangle es vielerorts an Fachpersonal, berichten nun Wissenschaftler um Daniel Orringer im Fachblatt „Nature Medicine“.

Hirnscanner zeigt Tumor im Gewebe

Cincinnati Children's

Hirntumor auf einem MRT-Bild

Die Lösung für dieses Problem könnten lernfähige Programme bieten: Der Neurochirurg von der University of Michigan hat mit seinem Team ein künstliches neuronales Netz entwickelt, das Gewebsproben von Hirntumoren klassifizieren kann. Die nötigen Informationen erhält das Programm per Laser-Abtastung während einer Operation. 2,5 Millionen Gewebsbilder haben die Forscher so in das System eingespeist, bis es reif war für den klinischen Praxistest. Dieser fiel durchaus positiv aus, wie Orringer in seiner Studie schreibt: Das System arbeitet mit einer Trefferrate von 94 Prozent auf dem gleichen Level wie menschliche Pathologen und Pathologinnen, erledigt diese Aufgabe allerdings deutlich schneller, nämlich in weniger als zweieinhalb Minuten.

Nächster Schritt: Molekül-Lupe

Nach diesem Machbarkeitsbeweis wollen die US-Forscher das Programm für andere Organe und Tumoren tauglich machen – zum Beispiel Haut-, Brust- und Gebärmutterkrebs. Langfristig wären auch Erweiterungen auf molekularem Niveau denkbar. Orringer ist der Ansicht, dass lernfähige Programme Mutationen oder auch epigenetische Veränderungen der Gewebs-DNA erkennen – und so den Patienten und Patientinnen zu einer rascheren und präziseren Behandlung verhelfen könnten.

Robert Czepel, science.ORF.at

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