Fliegenlarven als Klimakiller

Wenn von Methan die Rede ist, denken die meisten an Permafrostböden und vor allem an Kühe. Forscher haben nun eine bislang unbekannte Quelle des klimaschädlichen Gases entdeckt: Fliegenlarven in Seen.

Die Larven der sogenannten Büschelmücke kommen, von der Antarktis abgesehen, auf allen Kontinenten vor. Untertags befinden sie sich im Sediment von nähstoffreichen Seen, nachts bewegen sie sich zur Wasseroberfläche, um dort zu fressen.

Das tun sie mit einer Art Lift, wie der Umweltphysiker Daniel McGinnis von der Universität Genf herausgefunden hat: Die Larven besitzen nämlich einen Luftsack, den sie im Seebett mit Methan befüllen. Ist das gelungen, steigen sie ohne größere Anstrengung aufwärts. Wollen sie wieder nach unten, geben sie das Gas ins Wasser ab, von wo es relativ leicht in die Atmosphäre entweichen kann.

Fünf Prozent der Methanemissionen

Dieser Umstand ist auch für das Klima von Bedeutung, denn Methan ist ein 30 Mal potenteres Treibhausgas als Kohlendioxid.

Der Anteil der Fliegenlarven an den globalen Methanemissionen könnte bis zu fünf Prozent betragen, sagt McGinnis. „Die genauen Beträge müssen wir erst herausfinden, aber wir sollten auf jeden Fall unsere bisherigen Bilanzrechnungen überdenken: Wir wissen, dass Seen bis zu 20 Prozent zum globalen Methanausstoß beitragen.“

Larven der Büschelmücke in einem Wasserglas

Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)

Kleine Larven, große Klimawirkung: Büschelmücken der Gattung Chaoborus

Laut McGinnis’ Messungen leben in einem Quadratmeter Sediment zwischen 30 und 40 Tausend Larven, in Einzelfällen könne es auch mehr als Hunderttausend sein.

Zum Vergleich: Kühe tragen bis zu 15 Prozent zur atmosphärischen Methanbilanz bei. Das Klimagas verlässt die Wiederkäuer übrigens zum allergrößten Teil über das Maul, wie eine Studie aus dem Jahr 2007 belegt hat - und nicht, wie vielfach angenommen, an der Rückseite.

Ursache: Verschmutztes Wasser

Ohne das Zutun der Fliegenlarven verbliebe das Methan im Seeboden. Falls es auf anderem Wege in die Luft gelangt, dann durch den Stoffwechsel von Bodenbakterien. In diesem Fall werde das Methan allerdings meist zu CO2 oxidiert, sagt McGinnis. „Die Fliegen sind grundsätzlich für das Ökosystem eine Katastrophe, sie durchlöchern das Sediment und befördern den See bis an den Kipppunkt.“

Daran hat auch der Mensch seinen Anteil. Die Büschelmücke besiedelt nämlich nur Gewässer, deren Wasser verschmutzt ist und wenig Sauerstoff enthält. Fazit der Forscher: Würde man in Seen wieder für bessere Wasserqualität sorgen, wäre damit auch einiges für das Klima gewonnen.

Robert Czepel, science.ORF.at

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