Wie saubere Luft das Leben verbessert

Pro Jahr sterben mehr als vier Millionen Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung. Die gute Nachricht: Bereits einfache Maßnahmen könnten die Situation dramatisch verbessern. Wie das geht, zeigen Fallbeispiele aus Europa und den USA.

Als im Jahr 1996 die Olympischen Sommerspiele in Atlanta gastierten, entschlossen sich die Organisatoren zu einer 17-tägigen „transport strategy“. Teile der Stadt wurden für den öffentlichen Verkehr gesperrt, um den Athleten und Athletinnen die Anfahrt zu den Veranstaltungsorten zu erleichtern.

In den folgenden Wochen ging es in den örtlichen Kinderkliniken ungewöhnlich ruhig zu: In der Notaufnahme wurden elf Prozent weniger asthmakranke Kinder eingeliefert, die Zahl der Asthmafälle insgesamt war um 40 Prozent gesunken, die Zahl der Aufenthalte im Krankenhaus ebenfalls, nämlich um 19 Prozent. Das war kein Zufall: Die Luftqualität in Atlanta hatte sich durch die Verkehrsberuhigung merklich verbessert.

„Gesundheit bessert sich sofort“

Das ist nur eines von vielen Beispielen, die Forscher um den US-amerikanischen Mediziner und Lungenfacharzt Dean Schraufnagel zusammengetragen haben. Ihre Überblicksstudie in den „Annals of the American Thoracic Society“ zeigt, wie unmittelbar und dramatisch die positiven Effekte wären - sofern sich die Politik durchringen könnte, entschieden gegen die Luftverschmutzung vorzugehen.

Das landesweite Rauchverbot in Irland ist etwa so ein Fall: Dort ist die Zahl der Todesfälle nach dem Rauchstopp um 13 Prozent gesunken, Schlaganfälle um 26 Prozent, COPD-Erkrankungen gar um 38 Prozent. Überraschenderweise profitierten von der Maßnahme vor allem Nichtraucher. Ebenso wie die Bevölkerung im Umkreis eines Stahlwerks im US-Bundesstaat Utah: Als die Anlage für 13 Monate geschlossen wurde, gingen in diesem Zeitraum Lungen-, Bronchien- und Rippenfellentzündungen um die Hälfte zurück. Auch die Zahl der Fehltage an Schulen reduzierte sich um 40 Prozent.

„Wir wussten natürlich, dass die Schadstoffbekämpfung etwas bringt. Aber die Größenordnung hat selbst uns überrascht“, sagt Schraufnagel. „Unsere Ergebnisse belegen: Die Gesundheit der Bevölkerung verbessert sich sofort. Und die Regierungen müssen die WHO-Richtlinien zur Luftverschmutzung umsetzen. Sofort – das ist der entscheidende Punkt.“

Der Nutzen in Dollar

Wie der Mediziner von der University of Illinois vorrechnet, lässt sich der gesundheitliche Mehrwert auch in Geldbeträgen ausdrücken. Der Clean Air Act in den USA hat in den letzten 25 Jahren zu einem Rückgang von Luftschadstoffen um 73 Prozent geführt (darunter Schwefel- und Stickoxide, Kohlenmonoxid und Schwebstoffe) - und damit das Gesundheitsbudget mit zwei Billionen US-Dollar entlastet. Das Verhältnis von Nutzen und Kosten beträgt demnach 32 zu eins.

Noch größer wäre der Nutzen wohl in einigen Regionen Ostasiens und Zentralafrikas. Mumbai, Karatschi, Lagos und Peking gelten als Megastädte, in denen die Luftverschmutzung unerträgliche Ausmaße angenommen hat und in den nächsten Jahren sogar noch schlimmer werden könnte.

Für einen Lichtblick angesichts dieser düsteren Bilanz sorgt ein Studienergebnis aus Deutschland. Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz haben kürzlich herausgefunden, warum die Atmosphäre trotz steigender Emissionen nicht an Selbstreinigungskraft eingebüßt hat. So genannte Hydroxyl-Radikale entsorgen Schadstoffe wie etwa Kohlenmonoxid, und sie wirken sogar dem Klimawandel entgegen, indem sie Methan in wasserlösliche Substanzen verwandeln. Offenbar verbrauchen sich diese atmosphärischen Putzmittel nicht, sie werden von der Natur recycelt.

Robert Czepel, science.ORF.at

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