Eher Kooperation statt Kriege

Wo das Wasser knapp ist, gibt es Konflikte. Mit dem Klimawandel spitzt sich die Lage zu, und die Gefahr von „Wasserkriegen“ steigt. Doch wie Konfliktforscher nun zeigen, führen Wasserkonflikte in den meisten Fällen eher zu Kooperation zwischen Staaten.

Flüsse halten sich nicht an Landesgrenzen. Der Indus fließt durch China, Indien und Pakistan. Euphrat und Tigris von der Türkei durch Syrien und den Irak, und der Nil durchquert zusammen zehn Länder Afrikas. Geht es nach dem Konfliktforscher Thomas Bernauer von der ETH Zürich, gibt es in diesen Gebieten zwar stets ein erhöhtes Konfliktpotenzial. „Beim Nil drehen sich die Konflikte um Staudämme im Oberstrom, die die Wasserverfügbarkeit in Ägypten reduzieren. Auch entlang des Syr Darya drehen sich die Konflikte um große Staudämme, die die Saisonalität des Wasserflusses stark verändern.“

„Teilbare Ressource“

Zu Gewalt führten diese Konflikte aber nur in den seltensten Fällen, wie der Forscher anhand von Medienberichten der letzten Jahrzehnte analysierte. „Die Wasserkonflikte, die wir beobachten, sind verbale Konflikte, wie man sie überall findet. Wenn Sie zum Beispiel den Handelsstreit zwischen den USA und China oder Europa nehmen, da wird vielleicht mit wirtschaftlichen, politischen Maßnahmen gedroht, aber da wird nicht geschossen.“

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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 27.9., 13:55 Uhr.

Sieht man sich die Wasserkonflikte der letzten Jahrzehnte genauer an, rauften sich die meisten Länder früher oder später zu Kooperationen zusammen, was nicht heißt, dass deshalb gar nicht mehr gestritten wird. „Wasser ist ja auch eine teilbare Ressource. Man kann Wasser sozusagen in Quantitäten aufteilen, man kann Verschmutzungen graduell reduzieren. Es gibt also sehr viele Kompromissmöglichkeiten, um eine solche Ressource gemeinsam zu nutzen.“

Hauptproblem Übernutzung

Als künftige Herausforderungen in solchen Gebieten sieht der Forscher einerseits den Klimawandel, durch den die Wasservorkommen in manchen Regionen stark schwanken werden und in anderen Teilen der Welt mit mehr Trockenheit zu rechnen ist. Viel problematischer sei aber die wachsende, lokale Übernutzung, wie der Konfliktforscher am Beispiel Sambesi erklärt - ein Flusssystem in Zentralafrika. „Wir haben analysiert, was unter relativ extremen Klimaszenarien passiert, wo die Niederschläge wirklich stark abnehmen. In all diesen Computersimulationen sieht man, dass die Nachfrage entscheidend ist.“

Treiber lokaler Übernutzung sind vor allem die Fleischproduktion, so Bernauer, die viel mehr Wasser verbraucht als die Herstellung anderer Proteinquellen. Zudem setzen viele Länder, wo das Wasser knapp wird, auf den Export von Baumwolle oder Zuckerrohr. Hier gehe es darum, künftig die Strategie für Ernährung und Produktion zu ändern, erläutert Bernauer. „Ein Land, das den Prognosen zufolge mit starken Wassereinbußen konfrontiert werden wird, muss sich überlegen, ob es weiterhin auf Fleisch als primäre Proteinquelle setzt oder Baumwolle exportiert.“

Reiche Länder weniger betroffen

Weniger von Wasserknappheit und somit von Wasserkonflikten betroffen werden reiche Länder sein, analysiert Bernauer. „Israel und Kalifornien werden etwa ohne Weiteres in der Lage sein, ihren Wasserbedarf zu decken, auch wenn das Wasser relativ knapp wird. Hier wird man zunehmend auf Technologien setzen, mit denen man Nutzpflanzen effizienter bewässern oder das Wasser entsalzen kann.“

Zudem sieht der Forscher die Notwendigkeit darin, in kritischen Regionen zunehmend Wasserspeicher und Staudämme zu bauen. „In der Vergangenheit wurden solche Projekte leider oft sehr schlecht gemacht. Man hat sie einfach hingeklatscht ohne Rücksicht auf Umwelt und Menschen. Tatsache ist aber, es braucht mehr Staudämme, um mit einer stärkeren Wasservariabilität umgehen zu können.“ Geht es nach Bernauer, sind hier auch westliche Länder gefragt. „Sie sollten hier Projekte unterstützten, damit diese so umweltverträglich wie möglich gebaut werden.“

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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