Wie man Superkeime auf der ISS bekämpft

Multiresistente Keime sind nicht nur auf der Erde ein Problem, sondern auch im All, auf der Internationalen Raumstation ISS. Forscher haben dort nun ein neues, antimikrobielles Material getestet - auf der mit Keimen besiedelten Toilettentür.

Eigentlich sollte man meinen, dass Keime im All keine Rolle spielen. Aber wo Menschen sind, da sind auch Bakterien. Und sie finden dort sogar bessere Bedingungen vor, um Resistenzen zu entwickeln. Das könnte für die Astronautinnen und Austronauten zum Problem werden – weil die medizinische Versorgung im Weltraum ebenso beschränkt ist wie die Hygienemöglichkeiten: Herkömmliche Desinfektionsmittel können auf der ISS aufgrund der Explosionsgefahr etwa nicht eingesetzt werden, erklärt die Mikrobiologin Elisabeth Grohmann von der Beuth Hochschule in Berlin gegenüber science.ORF.at.

Gemeinsam mit ihrem Team hat die Forscherin nun eine mögliche Lösung getestet: Eine Oberflächenbeschichtung aus Silber und Ruthenium, die verhindert, dass Keime sich ausbreiten können. Für die in Frontiers in Microbiology erschienene Studie haben die Forscher über 19 Monate hinweg untersucht, welche Bakterien auf der ISS wachsen - auf der Toilettentür: Dort haben sie drei verschiedene Stahlplatten angebracht, eine unbeschichtete, eine mit Silberbeschichtung und eine mit der neuen Silber-Ruthenium-Beschichtung.

80 Prozent weniger Bakterien

Nach sechs Monaten konnten die Forscher auf der Oberfläche mit der neuen Beschichtung – anders als auf den beiden anderen - keine Bakterien nachweisen. Nach einem Jahr waren zwar Bakterien zu finden, aber um 80 Prozent weniger als auf der unbeschichteten Stahlfläche. Auf der reinen Silberbeschichtung hatten um 30 Prozent weniger Keime überlebt als auf Stahl.

Dass nach einem Jahr doch Bakterien überleben konnten, hat mit der Wirkungsweise der Silber-Ruthenium-Schicht zu tun: sie funktioniert nur bei direktem Kontakt zwischen Substanz und Bakterium. Mit der Zeit würden sich aber tote Organismen oder Staubpartikel auf der Oberfläche ansammeln, die diesen Kontakt verhindern, und damit die Wirkung hemmen, erklärt Grohmann.

Der vernünftige Einsatz von solchen antimikrobiellen Substanzen - gegen die es noch keine Resistenzen gibt – sei eine vielversprechende Option um der Entstehung und Verbreitung von Antibiotikaresistenzen zu reduzieren, so Grohmann. Aktuell würden auch Studien laufen, die das Material für einen Einsatz im medizinischen Bereich testen, zur Wasseraufbereitung wird es bereits verwendet.

Julia Geistberger, science.ORF.at

Mehr zu dem Thema