Millionen Förderung und dennoch teuer

Medikamente gegen seltene Erkrankungen sind sehr teuer – wegen der hohen Entwicklungspreise, sagt die Pharmabranche. Eine neue Analyse zeigt nun aber, dass in diesen Medikamenten sehr viel öffentliches Geld steckt und dennoch hohe Preise verlangt werden.

Eine Behandlung mit dem Medikament Nusinersen (Handelsname: Spinraza) beschere dem Hersteller „Umsätze in Millionenhöhe pro Patient“, wie es am Donnerstag in einer Aussendung des Ludwig Boltzmann Instituts für Health Technology Assessment (LBI-HTA) heißt. Die Gabe des Mittels gegen Spinale Muskelatrophie (SMA) - eine seltene vererbte Erkrankung, die bei Kindern Muskelschwäche hervorruft - schlägt laut US-Angaben im ersten Behandlungsjahr mit 750.000 Dollar (rund 680.000 Euro) und in der Folge mit etwa der Hälfte pro Jahr zu Buche.

Förderdatenbanken durchforstet

Wissenschaftler um die Leiterin des LBI-HTA, Claudia Wild, haben nun eine aufwendige, mehrstufige Suchmethodik entwickelt, mit der sie in einer Vielzahl an Datenbanken nach öffentlichen und privat-philanthropischen Einrichtungen suchten, die die Entwicklung eines Medikaments gefördert haben. Angewandt haben sie diese Methode an Nusinersen und zwei weiteren Medikamenten. Auf mehr als „40 öffentlich sowie philanthropisch geförderte Projekte“ mit einer Förderhöhe von 165 Mio. Euro stießen die Forscher im Zusammenhang Forschung und Entwicklung zu SMA, wie sie in ihrem Projektbericht darlegen. Davon waren 20 Mio. Euro direkt auf das Produkt Nusinersen bezogen.

Ein ähnliches Bild ergab sich auch in Bezug auf das Medikament Cerliponase alfa (Handelsname: Brineura), das bei einer Erbkrankheit von Kindern eingesetzt wird, die zu fortschreitenden Hirnschäden führt, sowie beim Präparat Burosumab (Handelsname: Crysvita), das bei einer seltenen Erkrankung von Kindern zum Einsatz kommt, die Knochen schwächen und zu lebenslangen körperlichen Behinderungen führen kann. Im Fall von Cerliponase alfa kamen sie mit ihrem Suchansatz auf produktbezogene öffentliche und private Förderungen von 31 Mio. Euro, bei Burosumab wurden vor allem Grundlagenforschungsprojekte mit einem Fördervolumen von 26 Mio. Euro identifiziert. Auf diese Zahlen kamen die Forscher, obwohl „das Bild über Förderungen bei der Entstehung der drei Medikamente lückenhaft“ blieb.

Mehr Transparenz gefordert

Förderungen „wurden zu unterschiedlichen Stadien der Entdeckung und Entwicklung des Medikaments aus öffentlichen oder philanthropen Quellen bereitgestellt. Verkauft werden alle drei Medikamente durch Pharmaunternehmen“, so Wild. Hier handle es sich um eine durchaus gängige Praxis, die aber oft nicht gerne gehört werde. Es gebe bereits weitere erste Studienergebnisse, die darauf hindeuten, dass mehr oder weniger alle zugelassenen Medikamente in hohem Ausmaß öffentlich vorfinanziert sind, erklärte die Studienleiterin gegenüber der APA.

Gerade weil die hohen Kosten für Forschung und Entwicklung „von den Herstellern oft als Grund für hohe Medikamentenkosten angegeben“ würden, sei es wichtig, dass öffentliche Forschungsförderung nachvollziehbar eingesehen werden können. Das sei „aber nicht gegeben“, so Wild, die darauf hinweist, dass gerade die meist auf diesem Weg finanzierte Grundlagenforschung die Basis für die Medikamente darstellt.

Insgesamt lasse sich ein Trend dahin gehend feststellen, dass neue Medikamente immer öfter zu sehr hohen Preisen auf den Markt kommen. Auch die OECD, Ärzte ohne Grenzen und die Weltgesundheitsorganisation WHO warnten bereits vor Einschränkungen zum Zugang zu Medikamenten und forderten die Offenlegung der Preisbildung, um die hohen Preise für neue Arzneimittel nachvollziehbar darzustellen. Trotz aller Einschränkungen könne man mit der neuen Methode den Einsatz staatlicher und philanthropischer Mittel besser nachvollziehen, was einen wichtigen Beitrag zur Diskussion über öffentliche Renditen aufgrund öffentlicher Investitionen liefere.

science.ORF.at/dpa

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