Die Rotschopfige Sandbiene Andrena haemorrhoa
Heinz Wiesbauer
Heinz Wiesbauer
Wildbienen

Wichtige Bestäuber brauchen mehr Schutz

702 Arten Wildbienen leben in Österreich, und doch denkt die große Mehrheit beim Wort Biene nur an die Honigbiene. Der neu gegründete Wildbienenrat will das ändern und die wichtigen Bestäuber besser schützen.

Kaum zieht der Frühling ins Land, kann man sie schon beobachten: die Rote Mauerbiene, nur einen Zentimeter groß, rot-braun behaart, am Bauch bepackt mit Blütenpollen. Für das Ökosystem spielt die Rote Mauerbiene ebenso wie andere Wildbienen eine wichtige Rolle, sagte der Landschaftsökologe Heinz Wiesbauer, Mitglied im Wildbienenrat: „Die Wildbienen sind ein Garant für die Bestäubung. Manche Arten fliegen bei wesentlich tieferen Temperaturen als die Honigbiene. Im Frühjahr ist es ganz entscheidend, dass beispielsweise die Marillenblüten zum richtigen Zeitpunkt bestäubt werden.“ Wildbienen seien deshalb wichtige Helfer für die Landwirtschaft, so Wiesbauer.

Die Rote Mauerbiene Osmia bicornis
Heinz Wiesbauer
Die Rote Mauerbiene gehört zu den ersten Bestäubern des Jahres, kühle Temperaturen können ihr nur wenig anhaben

Im Unterschied zur Honigbiene sammeln die Wildbienen Blütenpollen und Nektar nur zur Versorgung der eigenen Brut, eine gewinnbringende Vermarktung von Honig ist nicht möglich. 702 Arten Wildbienen listet Heinz Wiesbauer in seinem neuen Buch „Wilde Bienen. Biologie, Lebensraumdynamik und Gefährdung“ auf – deutlich mehr als etwa in Deutschland: „Das kann man ganz einfach erklären: In Österreich gibt es eine große landschaftliche Vielfalt, sie reicht vom pannonischen Steppensee über Sanddünen bis hin zu hochalpinen Regionen. In jeder Region gibt es auf die speziellen Bedingungen spezialisierte wilde Bienen.“

Deshalb kommen in Österreich so unterschiedliche Arten wie die Steppenbiene und die Holzbiene vor. Erstere ist die mit vier Millimetern Körpergröße kleinste heimische Art, letztere wird bis zu 30 Millimeter lang und wiegt mehr als das Siebenhundertfache im Vergleich zu ihrer winzigen Verwandten.

Gefährdet durch einheitliche Landschaft

Das Stichwort „Vielfalt“ führt auch zur größten Bedrohung für die Wildbienen: Sie brauchen vielfältige Landschaften, der Trend sei in den letzten Jahrzehnten aber in die entgegengesetzte Richtung gegangen, so Wiesbauer: „Ackerrandstreifen, Brachen und Feldgehölze wurden großräumig beseitigt, kleinräumige Kulturlandschaften sind verloren gegangen. Die heutige Agrarlandschaft ist extrem artenarm.“

Von einzelnen Wildbienenarten leben heute nur mehr wenige Weibchen an zwei bis drei Standorten, sie sind vom Aussterben bedroht, so der Experte. Wer Wildbienen unterstützen möchte, sollte auf Vielfalt auf dem Feld und im Garten achten. Weniger nützlich sind laut Wiesbauer Nisthilfen wie Bienenhotels, auch wenn sie mit großen Werbebudgets als „Rettung für die Bienen“ angepriesen werden: „Zwei Drittel der Wildbienenarten brüten nicht in bestehenden Hohlräumen, für sie sind Nisthilfen nutzlos. Sie brauchen freie Flächen, um ihre Nester zu bauen.“