Experiment

Noch keine Hinweise auf Dunkle Materie

Seit mehr als einem Jahr läuft am japanischen Teilchenbeschleuniger SuperKEKB ein Experiment mit österreichischer Beteiligung. Gesucht wird ein indirekter Nachweis von Dunkler Materie. Noch wurde keiner entdeckt. Die ersten Daten sind laut Physikern aber ein wichtiger Schritt dorthin.

Im Beschleuniger SuperKEKB in Tsukuba nahe Tokio werden Elektronen und ihre Antiteilchen (Positronen) auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und zur Kollision gebracht. Der „Belle II“-Detektor registriert diese Teilchenkollisionen und vermisst die Bahnen der bei den Zusammenstößen entstehenden Zerfallsprodukte. Das Institut für Hochenergiephysik (HEPHY) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) arbeitet seit 2001 mit den japanischen Kollegen zusammen und hat einen Teil des „Belle II“-Detektors federführend entwickelt und gebaut. Die österreichischen Forscher sind auch an der physikalischen Auswertung der Daten beteiligt, insbesondere im Hinblick auf die Suche nach Dunkler Materie.

Die Dunkle Materie gehört zu den größten Rätseln der modernen Physik. Sie soll mehr als 80 Prozent der gesamten Masse im Universum ausmachen, ist aber nicht sichtbar und wurde noch nie direkt beobachtet. Woraus die Dunkle Materie bestehen könnte, darüber gibt verschiedene Theorien. Klar ist, dass es sich jedenfalls um Masse handelt, bemerkbar macht sie sich bisher nur anhand ihrer Gravitationswirkung – und diese Wirkung kann man etwa an der Bewegung von Sternen in Galaxien beobachten.

Detektor funktioniert

Die Physiker gehen aber davon aus, dass es zwischen Dunkler und regulärer Materie außer der Gravitation noch weitere Wechselwirkungen gibt. Diese Kopplung von „normaler“ und Dunkler Materie könnte etwa über ein dunkles Photon erfolgen, oder über ein sogenanntes Z’-Boson. Letzteres haben die Forscher nun untersucht, aber in den ersten Daten des Belle-II-Detektors fanden sich bei den Elektron-Positron-Kollisionen keine Hinweise auf ein solches Teilchen. Es würde sich durch fehlende Energie in den Zerfallsprodukten der Teilchenkollisionen verraten. „Wir müssen jetzt einfach jedes mögliche Szenario abtesten, denn die Signale im Detektor sehen bei einem dunklen Photon ganz anders aus als etwa bei einem Z’-Boson“, betont Christoph Schwanda vom HEPHY.

Dass es mit dem ersten Datensatz noch nicht zu einer Entdeckung gereicht habe, sei nicht enttäuschend, schließlich soll „Belle II“ bis etwa 2027 in Betrieb sein und noch viel mehr Daten aufzeichnen, „es ist also noch Potenzial vorhanden“, so Schwanda. Wesentlich sei, „dass unser Detektor funktioniert. Das war sehr viel Arbeit, weil wir unsere Instrumente und Daten sehr genau verstehen müssen, um derartige Messungen überhaupt durchführen zu können“, so Gianluca Inguglia vom HEPHY.

Die ersten Ergebnisse, die nun im Fachjournal „Physical Review Letters“ veröffentlicht wurden, zeigen zudem, dass im untersuchten Masse- beziehungsweise Energiebereich kein neues Boson existiert. Sie konnten damit die möglichen Eigenschaften einer neuen physikalischen Kraft einschränken, worauf man bei künftigen Forschungsarbeiten aufbauen könne. Die Wissenschaftler hoffen, mit weiteren Daten des Detektors in Zukunft die möglichen kennzeichnenden Größen einer zusätzlichen Grundkraft weiter einschränken und der Dunklen Materie auf die Spur kommen zu können.