Mann greift sich aufs Herz
Fotolia/Bits and Splits
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Weniger Herzinfarkte, aber warum?

Noch Anfang März sind fast 40 Prozent mehr Herzinfarkt-Patienten und -Patientinnen in österreichische Krankenhäuser gekommen als Ende März. Das hat offensichtlich mit der Coronavirus-Krise zu tun – wie genau, ist aber unklar.

In einem „normalen“ Monat werden rund 1.000 Herzinfarkt-Patienten eingeliefert, im März waren es nur rund 720, wie die Österreichische Kardiologische Gesellschaft berichtet. Sie hat Daten von 17 der insgesamt 19 Herzkatheter-Zentren in Österreich gesammelt, darunter die großen Zentren in Wien, Innsbruck, Graz, Linz und Salzburg. Die Ergebnisse seien von West- nach Ostösterreich miteinander vergleichbar.

Anstieg wäre logischer

Die Tendenz ist also klar, warum das so ist, freilich nicht. Denn eigentlich sollten Covid-19-Infektionen zu mehr Herzinfarkten führen, wie ÖKG-Generalsekretär Bernhard Metzler von der Medizinischen Universität Innsbruck erklärt: „Durch Infekte oder Entzündungen wird der Herzmuskel vermehrt belastet, weiters kommt es im Blut zur vermehrten Freisetzung von entzündungsfördernden Substanzen, sogenannten Zytokinen. Wie große Studien bereits gezeigt haben, treten diese beiden Faktoren auch bei einer Covid-19-Infektion auf und können einen Herzinfarkt auslösen oder zumindest begünstigen.“

Der beobachtete Rückgang der Herzinfarktzahlen sei deshalb aus pathophysiologischer Sicht nicht erklärbar, „vielmehr wäre sogar ein Anstieg zu erwarten".

Mögliche Ursachen: Angst vor dem Krankenhaus …

Daher muss die Entwicklung andere Gründe haben, und die könnten indirekt mit den seit März verschärften Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus zusammenhängen. Bernhard Metzler hält sie für wichtig und richtig, es sei aber denkbar, dass Patienten ihre Herzinfarkt-Beschwerden nun nicht ernst genug nehmen oder diese nicht dem Herz, sondern einer möglichen Lungenentzündung zuordnen und keine ärztliche Hilfe aufsuchen. „Die Angst, sich im Krankenhaus mit Covid-19 zu infizieren sowie Rücksichtnahme auf das öffentliche Gesundheitswesen könnten hier ausschlaggebend sein", so Metzler weiter.

… weniger Sport, falsche Todesursachen

Eine weitere Erklärung könnte die reduzierten körperlichen und sportlichen Aktivitäten sein, die damit als mögliche Auslösemechanismen für Infarkte ausfallen. Als dritte mögliche Ursache sieht Metzler, dass „man allenfalls schwer an Covid-19 erkrankte Patienten, deren Todesursache möglicherweise ein Herzinfarkt war, in den vergangenen Wochen nicht als Herzinfarkt-Patienten registriert hat“. Es sei wichtig, dass Betroffene verdächtige Symptome ernst nähmen. Bei Infarktverdacht sollte sofort ein Notarzt gerufen werden.