Eine Mutter mit zwei Kindern in den Armen blickt auf ein Tablet
Alexander Dummer/Unsplash
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Arbeitsmarkt

Neue Kluft zwischen Müttern und Kinderlosen

Der Anteil der Frauen mit Teilzeitbeschäftigung hat sich in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten auch im Ländervergleich extrem erhöht. Ihr Weg zurück in die Vollzeit ist auch mit größeren Kindern keineswegs vorgezeichnet. Es tue sich eine neue Kluft auf dem Arbeitsmarkt zwischen Müttern und kinderlosen Frauen auf, berichten Expertinnen und Experten.

Caroline Berghammer und Bernhard Riederer vom Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) haben sich anhand von Daten aus dem österreichischen Mikrozensus angesehen, wie sich über mehrere Generationen hinweg die Erwerbstätigkeit von Müttern und kinderlosen Frauen im Vergleich entwickelt hat. Besonderes Augenmerk legten sie auf die Teilzeitarbeit der Geburtenjahrgänge 1940 bis 1979.

Teilzeitmodell ersetzte „Hausfrauenmodell“

Österreich hat sich hier nämlich zu einem echten Hotspot entwickelt: Nach den Niederlanden verzeichnet man hierzulande mittlerweile EU-weit die zweithöchste Frauenteilzeitquote, auch Großbritannien, Belgien und Deutschland wurden kürzlich überholt. „Das ist wirklich ein Thema, das sehr spezifisch für Österreich ist“, erklärte Berghammer. Der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt werde hier einfach sehr stark über Teilzeitmodelle gelöst.

Im Generationenvergleich der Erwerbstätigkeitslebensläufe zeigte sich, wie nachhaltig das „Hausfrauenmodell“ im Untersuchungszeitraum zurückgedrängt wurde. Waren in der Gruppe der zwischen 1940 und 1949 Geborenen insgesamt 37 Prozent der Mütter arbeitstätig, als das jüngste Kind zwischen drei und fünf Jahre alt war, stieg der Anteil unter den Jahrgängen aus den 1970er Jahren auf 68 Prozent, wie die Analyse zeigt.

Der insgesamt steigende Anteil an erwerbstätigen Frauen ist großteils auf Teilzeitbeschäftigungen zurückzuführen. Denn erstaunlicherweise ging der Anteil der Vollzeitbeschäftigten im Vergleich von 28 (Geburtsjahre 1940–1949) auf 18 Prozent (Geburtsjahre 1970–1979) zurück, während der Teilzeit-Anteil von neun auf 50 Prozent explodierte.

Abstriche bei Verdienst, Pension, Karriere

Vor allem habe die Wissenschaftler aber überrascht, „dass Frauen so lange in Teilzeit bleiben“, sagte Berghammer. Denn auch als das jüngste Kind bereits zwischen zehn und 15 Jahre alt war, betrug der Vollzeitanteil lediglich zwischen 41 (Jahrgänge 1950–59) und 30 Prozent (Jahrgänge 1970–79). In letzterer Altersgruppe lag der Anteil an Teilzeitbeschäftigten sogar bei 58 Prozent.

Bei der Bewertung von Teilzeitmodellen plädiert Berghammer für eine differenzierte Sicht: Natürlich bedeute das Abstriche bei Verdienst und Pension, bei Karrieremöglichkeiten bzw. höhere Armutsgefährdung etwa bei Alleinerzieherinnen, es komme aber vor allem auf die Dauer der Teilzeitbeschäftigung an. Dass Frauen nach der Mutterschaft nur ein paar Jahre reduzieren, um dann wieder Arbeitszeit aufzustocken, passiere jedoch vielfach nicht, wie die Daten zeigen. Am ehesten lasse sich das noch bei höher gebildeten Frauen beobachten, sagte die Demografin.

Geringe Teilzeitquote bei Männern

Dieses Gesamtbild liege möglicherweise auch am Mangel an Alternativen. So sei es in Österreich politisch zum Beispiel kaum ein Thema, dass beide Partner in der Elternschaft auf je 30 Stunden reduzieren, wie das in Skandinavien oder Deutschland stärker propagiert wird. Dazu komme, dass im Ländervergleich in Österreich Vollzeit auch überdurchschnittlich oft mit relativ vielen Überstunden verbunden ist, die vor allem Mütter oft nicht leisten könnten.

Am Ende bleibe eine ungleiche Verteilung mit oft schlechteren Optionen für die Partnerin, „auch wenn man im Einzelfall sehr gut verstehen kann, dass Frauen wie Männer mehr Zeit mit den Kindern verbringen wollen“, sagte Berghammer. Aktuell liege die Teilzeitquote von Vätern mit Kindern unter 15 Jahren aber mit sechs Prozent sogar unter jener kinderloser Männer (elf Prozent).

Vor allem unter höher gebildeten Personen in Österreich komme Kinderlosigkeit vergleichsweise häufig vor, „und die kinderlosen Frauen arbeiten fast immer Vollzeit“, sagte Berghammer. Aus Gründen der Work-Life-Balance reduziere also offenbar kaum jemand seine Arbeitszeit, „sobald aber das erste Kind kommt, gehen die Frauen in Teilzeit“. Verlief früher eine deutliche Kluft zwischen Hausfrauen und erwerbstätigen Frauen, die damals auch großteils Vollzeit tätig waren, sehe man nun die Schere zwischen Müttern und Frauen ohne Kinder aufgehen.