Bewegungsillusionsbild
A. Kitaoka/R. Tanaka
A. Kitaoka/R. Tanaka
Bewegungsillusion

Auch Fliegen lassen sich optisch täuschen

Manchmal spielt uns die Wahrnehmung einen Streich, und wir sehen Bewegung, wo eigentlich alles stillsteht. Wie Experimente nun zeigen, lassen sich Fruchtfliegen auf ähnliche Weise täuschen. Das könnte erklären, was hinter der Illusion steckt.

Der Mensch registriert wie viele Tiere selbst kleinste Bewegungen, sogar am Rande des Gesichtsfelds – das geschieht blitzschnell und kann mitunter lebensrettend sein. Manchmal lässt sich dieses hochentwickelte Wahrnehmungssystem allerdings auch in die Irre führen. Dann sieht es Bewegungen, wo gar keine sind, z.B. in Bildern mit sich wiederholenden Mustern und unterschiedlichen Kontrasten. Manche dieser Illusionen zeigen sich nur im Augenwinkel, wie etwa im obigen Beispiel, das sich im Uhrzeigersinn dreht, wenn man wegsieht.

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A. Kitaoka/R. Tanaka

Solche Bewegungsillusionen sind wie andere optische Täuschungen keine Sehfehler, sondern eine Fehlinterpretation des Gehirns. Nicht nur Menschen, auch manche Affen, Katzen sowie Fische erliegen dieser Illusion. Was genau dahintersteckt, war bisher noch nicht völlig klar. Eine Hypothese ging etwa davon aus, dass Kontraste und Helligkeit unterschiedlich schnell verarbeitet werden, dadurch erscheinen verschiedene Bildbereiche sequenziell und es entsteht der Anschein einer Bewegung. Andere halten kleinste Augenbewegungen für die Ursache des Phänomens.

Instinktive Drehung

Mit Hilfe von Fruchtfliegen (Drosophila) wollten die Forscherinnen und Forscher um Margarida Agrochao von der Yale University nun nach weiteren Erklärungen suchen. Das visuelle System der Modellorganismen ist sehr gut untersucht. Unter anderem weiß man, dass die kleinen Tiere ebenfalls die Fähigkeit besitzen, Bewegungen zu sehen.

Dennoch musste das Team zuerst einmal herausfinden, ob sich Fruchtfliegen genauso wie Menschen täuschen lassen. Das schien tatsächlich der Fall zu sein, die Tiere drehten sich nämlich instinktiv in Richtung der vermeintlichen Bewegung. Man nennt das optomotorische Reaktion.

Nebenprodukt der Anpassung

Die Reaktion zeigte sich außerdem in zwei bestimmten Nervenzellen, die Bewegungen erkennen und die entweder auf helle oder auf dunkle Kanten ansprechen. Waren die entsprechenden Neuronen genetisch stillgelegt, reagierten die Tiere auch nicht mehr auf die Illusion. Schalteten die Forscher nur eine der beiden aus, änderte sich die Richtung der wahrgenommenen Bewegung. Wie sie in ihrer soeben in den „PNAS“ erschienenen Studie schreiben, entsteht die Täuschung wohl durch kleine Unausgewogenheiten in der Reaktion der Nervenzellen.

Die menschliche Wahrnehmung besitze alle Voraussetzungen, die der tierischen Illusion zugrundeliegt, heißt es weiter. In zusätzlichen Experimenten hat das Team daher die menschliche Reaktion genauer untersucht. Mit visuellen Tricks versuchte es, die Reaktion der jeweiligen Nervenzellen zu steuern – auf diese Weise konnte die Richtung und die Intensität, mit der die Testpersonen die Täuschung wahrnahmen, tatsächlich manipuliert werden.

Das sei ein Indiz dafür, dass ein recht ähnlicher Mechanismus für die Bewegungsillusion verantwortlich ist, bei Menschen, bei Fliegen und wahrscheinlich auch bei vielen anderen Arten. Laut den Autoren handelt es sich bei der optischen Täuschung vermutlich um ein Nebenprodukt der effizienten Verarbeitung von Bewegung in natürlichen Umgebungen.