Porträtfoto von Emmanuelle Charpentier
AFP – ODD ANDERSEN
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Emmanuelle Charpentier

Nobelpreis-Weg mit Zwischenstation in Wien

Die frischgebackene Nobelpreisträgerin Emmanuelle Charpentier ist eine typische Vertreterin heutiger Karrierewege in der Wissenschaft. Auf ihrem Weg zur Auszeichnung hat die 51-jährige Mikrobiologin neben Stationen in den USA, Schweden und Deutschland auch einen längeren Zwischenstopp in Wien eingelegt.

Von 2002 bis 2009 forschte sie an den Max F. Perutz Laboratories (MFPL) der Uni Wien und der Medizinuni Wien.

Studium in Paris, Postdoc in New York

Charpentier wurde am 11. Dezember 1968 in Juvisy-sur-Orge bei Paris (Frankreich) geboren. Ihre Mutter arbeitete in der Psychiatrie, der Vater war verantwortlich für die Planung von Grünanlagen in der Stadt. Ihr Weg in die Biologie war trotzdem nicht vorgezeichnet, erinnerte sie sich in einem Interview für das Magazin ihres heutigen Arbeitgebers, der Max-Planck-Gesellschaft. „Laut meiner Mutter habe ich zwar im Alter von elf oder zwölf Jahren einmal gesagt: Später werde ich am Institut Pasteur arbeiten – wo ich später tatsächlich meine Doktorarbeit gemacht habe. Aber eigentlich mochte ich in der Schule alle Fächer gern. Deshalb hätte ich auch etwas ganz Anderes werden können.“

Geworden ist es dann doch ein Studium der Biologie, Mikrobiologie und Genetik an der Universite Pierre et Marie Curie in Paris. 1996 ging sie als Postdoc nach New York, wo sie unter anderem an der Rockefeller University forschte, sowie nach Memphis (US-Bundesstaat Tennessee).

Lob für Grundlagenforschung in Wien

2002 wechselte Charpentier, die in der Schule Deutsch gelernt hat, an die MFPL der Uni Wien und der Medizinischen Universität Wien, wo sie einen relevanten Teil der Entwicklungsarbeit für die mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Genschere CRISPR/Cas9 durchführte. Entscheidend für ihren Wechsel nach Wien sei gewesen, dass sie am Vienna Biocenter die Möglichkeit bekommen habe, ihre erste eigene Forschungsgruppe aufzubauen, sagte sie im obigen Interview.

„In Wien gab es eine starke Grundlagenforschung, hervorragende Kollegen, und ich konnte meine eigenen Themen setzen und völlig unabhängig arbeiten. Ich habe gelernt, in größeren Maßstäben zu denken, Forschungsgelder einzuwerben, aber auch mit knappen Mitteln zu wirtschaften.“

Unter anderem mangels Karriereperspektiven in Wien wechselte sie aber 2009 an die Universität Umea (Schweden). Der Schritt dorthin sei „durchaus riskant“ gewesen. „Aber am Ende war es genau die richtige Entscheidung.“ Während des anfänglichen Pendelns sei ihr im Flugzeug die entscheidende Idee gekommen, CRISPR mit RNA zusammenzubringen.

Heute in Deutschland

2011 und 2012 folgten dann die entscheidenden Veröffentlichungen ihrer Forschungsergebnisse – zunächst in der Fachzeitschrift „Nature“ und vor allem dann zusammen mit ihrer Co-Nobelpreisträgerin Jennifer Doudna in „Science“. Bei der Pressekonferenz nach der Nobelpreis-Verleihung wunderte sie sich ein wenig, dass die Auszeichnung so schnell gekommen sei – normalerweise würde zwischen der Publikation von Entdeckungen und Nobel-Ehren doch längere Zeit vergehen.

Weitere Karriereschritte blieben nicht aus: 2013 wurde Charpentier Professorin an der Medizinischen Hochschule Hannover und arbeitete am Helmholtz Zentrum Braunschweig. 2015 wechselte sie ans Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie nach Berlin, 2018 wurde sie Gründungsdirektorin der Max-Planck-Forschungsstelle für die Wissenschaft der Pathogene. Daneben gründete Charpentier noch Firmen zur Weiterentwicklung der CRSIP/Cas9-Methode.

Zahlreiche Auszeichnungen

Privat interessiert sich Charpentier für Kunst, Musik und Tanz. Früher hat sie Klavier gespielt sowie Ballett und modernen Tanz betrieben.

Die Forscherin wurde schon vor dem Nobelpreis vielfach ausgezeichnet – unter anderem mit dem Wolf Prize und dem Prinzessin von Asturien-Preis. In Österreich erhielt sie unter anderem das Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst und ist korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) im Ausland.