Multitasking: Frau hält ihr Handy während sie am Computer arbeitet
Prostock-studio – stock.adobe.com
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Neurowissenschaften

Multitasking schwächt das Gedächtnis

Dass Multitasking nicht effizienter macht, weiß man bereits. US-Forscher konnten jetzt zeigen, dass das auch für den Medienkonsum gilt: Wer im Alltag gleichzeitig E-Mails schreibt, im Internet surft und dabei fernsieht, wird weniger aufmerksam und schwächt die eigene Gedächtnisleistung.

Von Jugendlichen weiß man, dass sie täglich stundenlang verschiedene Medien gleichzeitig nutzen: Während der Fernseher läuft, surfen sie auf dem Tablet und schreiben Nachrichten auf dem Smartphone. Auch für viele Erwachsene gehört dieses Medien-Multitasking mittlerweile zum Alltag. Die Nachrichten zu hören und gleichzeitig E-Mails zu checken, soll Zeit sparen. Doch US-Forscher konnten jetzt zeigen, dass diese parallele Mediennutzung langfristig kontraproduktiv ist, denn sie schwächt die Gedächtnisleistung. Das zeigten Laborexperimenten und neuronale Messungen, wie im Fachmagazin „Nature“ zu lesen ist.

Geteilte Aufmerksamkeit schwächt Konzentration

Die Aufgabe, die die Wissenschaftler der US-amerikanischen Universität Stanford ihren 80 Probandinnen und Probanden stellten, war einfach: Sie sollten sich Objekte auf einem Bildschirm ansehen und beurteilen, ob sie ihnen gefielen oder nicht. Danach folgte ein Überraschungstest. Den Studienteilnehmern wurden die Objekte abermals gezeigt, zusammen mit neuen Gegenständen. Nun mussten sie sagen, ob sie sich an die einzelnen Gegenstände erinnern konnten oder nicht.

Zuvor habe man die Mediennutzung der 18- bis 26-Jährigen erhoben, also ob sie gleichzeitig Fernsehen und E-Mails schreiben oder etwa Radiohören und im Internet surfen, sagt der Psychologe und Neurowissenschaftler Kevin Madore von der Universität Stanford. „Diejenigen, die regelmäßig Medien-Multitasking betreiben, zeigten eine wesentlich schlechtere Gedächtnisleistung bei diesem Experiment als jene, die sich im Alltag eher auf eine Informationsquelle zu einer Zeit konzentrieren“, so Madore gegenüber science.ORF.at.

Pupillen verraten Leistungstief

Während der Gedächtnisübungen untersuchten Madore und seine Kollegen auch die Pupillenreaktionen und Hirnwellen der Probanden mittels Elektroenzephalografie (EEG). Die Verengung des Pupillendurchmessers und Aktivitäten im hinteren Bereich des Schädels würden mit Unachtsamkeit, Abschweifen und Ablenkbarkeit in Verbindung gebracht, heißt es in der Studie. Frühere Forschungen hätten das bereits gezeigt. „Und unsere Studie bestätigt das“, so Madore.

Die Ergebnisse von EEG und Pupillenmessung verdeutlichen, dass die Multitasker während der Gedächtnisübung solche neuronalen Aussetzer zeigten. Verengen sich die Pupillen, sei das ein Hinweis auf einen Leistungsabfall. „Es kommt zu längeren Reaktionszeiten und abschweifenden Gedanken“, erklärt Madore. Der Psychologe und seine Kollegen kommen zu dem Schluss, dass die im Alltag oft geteilte Aufmerksamkeit dazu führt, sich insgesamt schlechter konzentrieren zu können, was wiederum die Gedächtnisleistung negativ beeinflusst.

Mit Sensoren Gedächtnis trainieren

Doch, auch das betonen die Forscher, noch handle es sich um eine Korrelation. „Kausalität können wir mit diesen Ergebnissen noch nicht belegen, aber wir gehen stark davon aus“, so Madore. Natürlich könnten die Aufmerksamkeitsprobleme auch umgekehrt den Medienkonsum beeinflussen: Wer sich nicht lange konzentrieren kann und schnell abschweift, tendiert womöglich dazu, viele kleine Informationshappen parallel bzw. kurz hintereinander zu konsumieren. Das wollen die Forscher demnächst weiter untersuchen.

In jedem Fall sei ein gut funktionierendes Gedächtnis für viele Menschen erstrebenswert. Die Studie könnte ihnen helfen: Denn man könne Aufmerksamkeit und Gedächtnisleistung trainieren, sagt Madore. Er und seine Kollegen wollen tragbare Augensensoren entwickeln, die Alarm schlagen, wenn sich die Pupillen verengen und die Aufmerksamkeit nachlässt. So könnten Betroffene üben, sich weniger leicht von Umweltreizen ablenken zu lassen.