Verschwommene Menge, Gesichter
Alexander Ozerov – stock.adobe.com
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Gesichter

Test erkennt die besten „Super-Recognizer“

Selbst wenn sie ein Gesicht nur einmal flüchtig gesehen haben, erkennen sie es in einer Menschenmenge wieder – die „Super-Recognizer“: Australische Forscher haben einen Test entwickelt, der die seltene Fähigkeit besonders treffsicher aufspüren soll.

Dass manche Menschen extrem gut darin sind, Gesichter wiederzuerkennen, haben Forscher vor gut zehn Jahren festgestellt. Eigentlich haben sie gesichtsblinde Personen untersucht – also Menschen, die sich keine Gesichter merken können, und sind am Rande auf besonders begabte Personen gestoßen. Sie berichteten von drei Frauen und einem Mann, die bei mehreren Gesichtserkennungstests deutlich besser abgeschnitten hatten als der Durchschnitt.

Diese sogenannten Super-Recognizer erinnern sich sogar an Gesichter, die sie nur einmal flüchtig gesehen hab, auch wenn sich diese mittlerweile verändert haben oder inzwischen Jahre vergangen sind. Gefragt ist die Fähigkeit nicht nur in der Forschung, sondern auch bei der Polizei. In Großbritannien und Deutschland werden Super-Recognizer bereits gezielt für Ermittlungen eingesetzt.

Differenzierte Ergebnisse

Die Begabung ist nach Schätzungen aber sehr rar. Nicht mehr als ein bis zwei Prozent der Bevölkerung sollen sie besitzen. Seit einigen Jahren arbeiten verschiedene Teams daher an Tests, die die seltene Fähigkeit relativ verlässlich feststellen sollen. Dazu zählen auch Forscher und Forscherinnen des Forensic Psychology Lab der australischen University of New South Wales. Seit 2017 verwenden sie den selbst entwickelten Test.

Wie sie nun in „PLOS ONE“ berichten, ist der frei zugängliche “UNSW Face Test“ besonders gut darin, die allerbesten „Supererkenner“ zu entdecken. Das Tool differenziere nämlich zwischen guten, sehr guten und außergewöhnlichen Gesichtsprofis. Noch besser funktioniere es in Kombination mit anderen erprobten Tests, schreiben die Forscher, wie z.B. dem Glasgow Face Matching Test und dem Cambridge Face Memory Test.

Besonders schwierig

Der australische Test wurde besonders schwierig konzipiert, so dass sich auch durchschnittlich begabte Gesichtserkenner nur am unteren Ende der Skala finden. 31.000 Personen haben den Test bis heute absolviert. Die 100 Prozent wurden dabei noch nie erreicht, eine einzige Person hat 97 Prozent geschafft. Die meisten schaffen nicht viel mehr als 50 Prozent der Aufgaben: In Teil eins muss man sich zuerst Gesichter merken und dann an sie erinnern. Im Teil zwei muss man einem gegebenen Gesicht die dazugehörigen Varianten zuordnen, wobei die Bilder aus verschiedenen Zeiten stammen und von sehr unterschiedlicher Qualität sein können.

In ihrem Test fange die spezielle Begabung bei 70 Prozent an, bei anderen Methoden erreichen die meisten Super-Recognizer die volle Leistung. Schafft jemand die 70 Prozent-Hürde, führen die Forscher weitere Tests durch, um sicherzustellen, dass es sich tatsächlich um besonders begabte Gesichtererkenner handelt.

Fluch oder Segen?

Laut den Autoren sind nicht alle Betroffenen glücklich mit ihrer Begabung. Im Beruf sei es mitunter ein Vorteil, wenn man sich beim nächsten Meeting auch an Teilnehmerinnen oder Teilnehmer erinnert, die nur am Rand dabei waren. Privat hingegen kann es schnell sonderbar wirken, wenn man behauptet, wildfremde Menschen wiederzuerkennen.

Worin sich die Gesichtsprofis bzw. ihre Wahrnehmung von anderen Menschen unterscheidet, ist noch unklar. Nach bisherigen Untersuchungen schneiden sie in anderen Bereichen – etwa bei der Intelligenz oder dem Gedächtnis – eher durchschnittlich ab. Trainieren lässt sich die Fähigkeit aber auch nur in begrenzt.