Marsmond Phobos und der Mars in einer Visualisierung
NASA/JPL-Caltech/University of Arizona
NASA/JPL-Caltech/University of Arizona
Astronomie

Marsmond verwittert in Wiener Labor

Wiener Forscher lassen in ihrem Labor den Marsmond Phobos verwittern – quasi. Weil es noch keine Proben von Phobos auf der Erde gibt, verwenden sie irdische Gesteine, die sehr ähnlich sind. Im Labor simulieren sie den kosmischen Teilchenbeschuss, der das Material im All verwittern lässt.

Die Experimente könnten bei der Auswertung von Phobosproben helfen, die 2029 im Rahmen der japanischen Weltraummission MMX zur Erde gebracht werden sollen.

Asteroid oder Kollisionsüberbleibsel

Die Untersuchung der Verwitterung des Marsmondes Phobos sei wichtig für das Verständnis seiner Entstehung bis zu seinem heutigen Aussehen, schreiben die Wissenschaftler um Paul Szabo und Friedrich Aumayr vom Institut für Angewandte Physik der Technischen Universität (TU) Wien in ihrer im „Journal of Geophysical Research: Planets“ veröffentlichten Arbeit.

„Es gibt unterschiedliche Theorien, wie der Marsmond Phobos entstanden sein könnte“, erklärte Szabo in einer Aussendung. Möglicherweise sei er ursprünglich ein Asteroid gewesen, der vom Mars eingefangen wurde. Er könnte aber auch bei einer Kollision eines größeren Himmelskörpers mit dem Mars entstanden sein.

Im Gegensatz zur Erde, wo Regen und Wind den Gesteinen zusetzt, verwittert das Material auf Phobos primär durch den Beschuss energiereicher Teilchen, vor allem aus dem Sonnenwind. Auf der Erde schützen Erdmagnetfeld und Atmosphäre vor diesem Bombardement.

Simulation im Labor

Durch diesen Teilchenbeschuss hat sich das Material auf Phobos im Lauf von Milliarden Jahren völlig verändert. Um die Geologie des Marstrabanten zu verstehen, muss man die Vorgänge bei der Weltraum-Verwitterung richtig einschätzen können.

Dazu haben die Wiener Forscher Experimente mit Gesteinen durchgeführt, wie sie auch auf Phobos vorkommen. „Als Phobos-Analog haben wir das Mineral Augit verwendet, welches 60 Prozent Sauerstoff, 20 Prozent Silizium sowie Magnesium, Eisen und Calcium enthält“, erklärte Szabo gegenüber der APA. In einer Vakuumkammer wurde es mit unterschiedlichen geladenen Teilchen beschossen, u.a. mit Sauerstoff-, Kohlenstoff- und Kohlendioxid-Ionen.

Mit Hilfe einer extrem präzisen Waage konnten die Forscher messen, wie viel Material durch den Beschuss abgetragen wird und welche Teilchen sich wie stark auf das Gestein auswirken. So konnten sie die Erosion viel genauer abschätzen als das bisher möglich war.

Teilchenbeschuss von zwei Seiten

Dabei bestätigte sich, dass man einen speziellen Effekt auf Phobos nicht vernachlässigen darf, denn der Mond ist dem Teilchenbeschuss gleich in zweifacher Weise ausgesetzt: Der Himmelskörper wird nicht nur durch Ionen aus dem Sonnenwind bombardiert. Der weniger als 6.000 Kilometer von seinem Planeten entfernte Trabant, der seinem Planeten immer dieselbe Seite zuwendet, ist auch einem erheblichen Beschuss durch Sauerstoff-Ionen ausgesetzt. Sie stammen aus der Marsatmosphäre und werden vom Sonnenwind auf hohe Energien beschleunigt. Der Effekt dieser Sauerstoff-Ionen konnte nun erstmals gemessen werden.

Die Experimente zeigten, dass die Erosionsraten durch den Teilchenbeschuss geringer sein dürften als bisher angenommen. Zudem wurden keine signifikanten Unterschiede in den Auswirkungen von atomaren und molekularen Ionen auf das Gestein beobachtet.

Die japanische Raumfahrtagentur JAXA plant im Rahmen der Mission MMX (Martian Moons Exploration) 2024 eine Sonde zu starten, die die Marsmonde Phobos und Deimos erforscht. Sie soll 2025 in einen Orbit um den Mars eintreten, auf Phobos landen, eine Bodenprobe entnehmen und wieder starten. Nach mehreren Vorbeiflügen an Deimos soll die Sonde 2029 wieder zurück zur Erde fliegen und eine Kapsel mit den Phobos-Proben auf der Erde absetzen.