Technologie

„Molekularer Stempel“ für Kunststoffe entwickelt

Hält man seine Hand in den weichen Gips, formt sich darum herum ein persönlicher Abdruck, der im Material gespeichert ist, wenn man sie herauszieht. Etwas Ähnliches hat nun ein Linzer Forscher für Kunststoffe entwickelt. Seinen „molekularen Stempel“ mit unsichtbarem Code hat er in Österreich und den USA patentieren lassen.

Am Freitag präsentiert Oliver Brüggemann sein Verfahren bei der online stattfindenden „Materials Week“ (7. bis 9. April) des Kunststoff-Clusters Oberösterreich. Als winzige Stempelmatrize kann man verschiedenste Moleküle nehmen, sagte Brüggemann, der am Institut für Chemie der Polymere der Universität Linz forscht: zum Beispiel Eiweißstoffe (Aminosäuren) sowie Chimäre aus DNA und Eiweißstoffen (Peptidnukleinsäuren).

Funktioniert auch für Metalle und anderen Stoffen

All ihren Attributen – etwa ihrer Abfolge – kann man jeweils einen Code zuordnen, zum Beispiel einen Buchstaben oder eine Zahl. Genauso wie bei der Hand gibt es bei Aminosäuren und vielen anderen Molekülen auch zwei spiegelverkehrte Versionen. Auch diese spezielle „chirale“ Information ist in der Matrize und später im Abdruck gespeichert.

Das molekulare Prägen funktioniert so, dass man etwa Kunststoffmoleküle zu dieser Stempelvorlage gibt und sie rundherum auspolymerisieren lässt. Der Kunststoff hat dann die Negativform (Komplementärform) der Matrize in sich gespeichert. Auch Metalle oder andere Stoffe könnte man auf solche Art mit einem molekularen Code versehen.

Prägen einfacher als Auslesen

„Dann hätte man ein Material mit einer Geheiminformation, die man mit bloßem Auge nicht sieht, aber jederzeit chemisch auslesen kann, wenn man den Code kennt“, so Brüggemann: „Zum Beispiel wenn bei einem Unfall jemand Fahrerflucht begeht, könnte man aus winzigen Kunststoffproben von der Stoßstange, die am Tatort gefunden werden, den Hersteller und die Seriennummer des Fahrzeuges auslesen, und somit den Lenker ausfindig machen“.

Das Auslesen ist allerdings weniger ausgereift als das Prägen, sagte er. Es könne zum Beispiel mit hochauflösenden chemischen Analysemethoden wie „Kernspinresonanzspektroskopie“ funktionieren. Vereinfachen könne man es, indem man quasi keinen freien Text in den Kunststoff prägt, sondern nur einzelne, vorgegebene Schlüsselpassagen. „Dann hätte man wie bei einem Schlüsselbund für die verschiedenen Türen in einem Bürohaus, bei dem man nur probieren muss, welcher Schlüssel bei einer bestimmten Tür passt, verschiedene Schlüssel zum Auslesen des molekularen Stempels, und müsste diese nur ausprobieren, und nicht die Information von Grund auf auslesen“, erklärte Brüggemann.

Hat nicht den Speicher von DNA

Gegenüber anderen chemischen Speichermolekülen, wie etwa synthetischem Erbgut (DNA), hätte die Methode spezielle Vor- und Nachteile: „Es ist vom Aufwand her einfacher und billiger, Kunststoffe molekular zu prägen und den Code zu dechiffrieren, aber man erreicht freilich nicht die Informationsdichte von DNA und kann daher nicht so viel Information damit speichern“, so der Forscher. Sie eignet sich daher besser, kurze prägnante Statements im Material zu verewigen, als für lange Geschichten.